Sonntag, 30. Dezember 2012

Bye bye rainy New Zealand...



Ich muss jetzt mal eine gern verdrängte Wahrheit hier niederschreiben: Ich habe mir wenig Gedanken darüber gemacht, wie Neuseeland es schafft, immerzu grün zu sein. Genau wie Irland, oder Schottland. Gleichzeitig verstehe ich unter „Sommer“ Sonnenwetter, und zwar für mehrere Tage. Und Neuseeland hat gerade Sommer. Aber Neuseeland ist auch immerzu grün, und Neuseeland besitzt einen sehr großen Teil Regenwald (wie ich bereits gelernt und erforscht habe), und Regenwald heißt vor allem Regenwald, weil es ein Wald ist, der immerzu Regen braucht – ja, genau, Regen!  Regen, Regen, Regen… ich mag mich nicht beschweren, aber der Regen ist verdammt allgegenwärtig hier… ein halber Tag pralle Sonne, und dann Regen, und zwar RICHTIGER Regen… Sturzbäche, sodass aus dem Loch überm Esstisch wieder das Wasser zu rieseln beginnt. Neuseeland ist ein Regenland, und die Nordinsel soll angeblich die wettertechnisch bessere sein. Pföh. Ich weiß nicht. Natürlich ist die Natur einmalig schön, all die Palmen und Farne und Blumen und blühenden Bäume, aber sie hat auch ihren Preis. Und der heißt Regen. Matsch. Und nach dem Regen sehr, sehr hohe Luftfeuchtigkeit bei sommerlichen Temperaturen. Schon fast tropisch manchmal, und sehr schweißtreibend! Aber keine Sorge, zu sehr schwitzen muss man nie, denn man wird mit Sicherheit wieder vom Regen überrascht und ist dann pitschenass…


Arbeitstechnisch haben wir über die Feiertage nicht viel gemacht; davor war Haus-Großputz angesagt, wir sind mit Leitern die Giebel hinaufgeklettert und haben allen Spinnen und Flecken an der weißen Decke den Garaus gemacht. Und jetzt nach Weihnachten kümmern wir uns um das große Re-Planting-Projekt; Marzena hat(te) einen kleinen Garten vor ihrem Hoftor, aber da sind schon die Kühe und Ziegen, und weil der Garten nicht richtig beschützt ist, haben die Viecher alles kahlgefressen. Jetzt möchte sie neue Pflanzen und einen Zaun. Neue Pflanzen klauen wir von überall; wir laufen einfach mit Schaufeln bewaffnet los und suchen was Nettes, buddeln es aus und buddeln es in ihrem Vorgarten wieder ein :) 

Unser neuer kleiner Garten mit provisorischem Kuh- und Pferdeschutz
Macht Spaß, ist aber auch echt anstrengend, weil natürlich genau jetzt nach Weihnachten der große Sommereinbruch startet. Zumindest zeitweise, oder immer dann, wenn wir arbeiten. Und sobald die Sonne draußen ist, spürt man das Ozonloch schon sehr deutlich, vor allem wenn man in hartem, steinigem Boden Löcher buddelt, und das auch noch mit sehr altertümlichen Spaten. Das ist ein allgemeines Problem bei helpx, das ich jetzt mal ansprechen muss: Werkzeuge. Die meisten helpx-hosts haben keine Ahnung von der Arbeit, die sie ihren helpxern „aufbrummen“, sondern tun nur so, haben aber niemals 4 Stunden in der Sonne gestanden und gebuddelt, gegraben, gehackt oder was auch immer. Und deswegen besitzen sie keine oder kaum geeignete Werkzeuge, mit denen man diese Aufgaben ordentlich erledigen kann. Immer wieder bin ich auf das Problem gestoßen, dass einfach nur „Schrott“ verfügbar war, mit dem man zwar irgendwie hinbekommt, was man hinbekommen möchte, aber auch sehr leicht frustriert werden kann, wenn man das Ergebnis und die Geschwindigkeit mit dem vergleicht, das man erreichen könnte, wenn man vernünftiges Werkzeug hätte. Zum Beispiel einen Nussknacker als Schraubenzieher verwenden, oder eine Säge zum Abkratzen von festgetrockneter Farbe auf Fensterscheiben, oder ganz einfach brüchiges, uraltes Zeug, das a) schwer, sperrig und unter Umständen voller Holzsplitter oder scharfer Kanten ist und das b) ständig auseinanderfällt, wenn man es wirklich beansprucht. Ich habe hier absolut die besten Voraussetzungen, um mir eine neue Arbeitsmoral anzueignen. Weit weg vom deutschen Effektivgedanken, besser, schneller, höher, weiter. Das Ziel ist es, die Arbeit zu genießen, bzw. wenn die Arbeit gänzlich ungenießbar ist, zumindest die Umgebung, meine Existenz, irgendetwas Schönes zu genießen, denn das findet sich immer. Zwischendurch mal ne Pause machen, atmen, sich besinnen, was man grade tut. Runterkommen von dem Perfektionismus-Gedanken und rauskommen aus dem „Funktionieren“. Das geht wirklich besonders gut, wenn man Nonsens-Aufgaben mit Nonsens-Werkzeugen bewältigen muss :)
Aloe Wera
"Jacaranda"-Blume (oder so)

Unsere Gartenaufgabe macht aber eigentlich Spaß. Ich grabe eine tolle Aloe Wera aus, deren glibbriger Saft aus den abgebrochenen Blättern ziemlich toll gegen die Millionen von Moskitostichen hilft, die ich mittlerweile mein eigen nennen kann. Außerdem dürfen einige der hier so typischen, großen, blauen Blumen umziehen; ich weiß nicht wie sie heißen, vielleicht Jacaranda-Blumen ;) Und ein paar Gräser und Babybäumchen dürfen auch in den neuen Garten. Wer weiß, wie lange sie überleben; denn bislang konnte Marzena kein Werkzeug für uns auftreiben, mit dem man so tiefe Löcher buddeln kann, dass man Pfosten darin versenken kann, um einen Schutzzaun zu bauen. Das war eigentlich Laszlos Job, aber er weigert sich zu Recht, mit dem alten Spaten gegen den Felsboden anzukämpfen. Auf Kawau Island hatten wir einen ähnlichen Job, aber mit nem Presslufthammer – kein Problem! Aber mit nem Spaten – no way.



Mittags machen wir meistens irgendwas Schönes; fahren nach Paihia oder Kerikeri zum Shopping und an den Citybeach, wo Petronella auf dem Spielplatz spielen kann (und ich manchmal auch, hehe), und einmal fahren wir fast eine Stunde lang zu dem schönsten East-Coast-Beach, den ich bisher gesehen habe: Cooper’s Beach heißt er, umrandet von herrlichen noch immer rotblühenden Weihnachtsbäumen, mit einem Salzflüsschen, aber weißem Sand und ganz ruhigem, friedlichem Ozean, in dem man ziemlich gut schwimmen kann, ohne Gefahr zu laufen, von irgendwelchen Strömungen erfasst oder von hohen Wellen ertränkt zu werden :)

Cooper's Beach



Vegetation rund um Cooper's Beach... mit Spielpfütze für Winzlinge :)



Nein, ich koche keine kleinen Kinder...
Was mir auch ziemlich Spaß macht hier, ist die Weiterentwicklung bzw. eigentlich Entwicklung von "domestic skills" - darauf habe ich in Germany nicht sooo viel Wert gelegt, aber hier macht's mir Spaß! Vielleicht ist die Anwesenheit des kleinen quirligen sechsjährigen Mädchens schuld, dass ich plötzlich so "häuslich" werde... Ich hab schon Cupcakes gemacht und Pflaumenkuchen gebacken, von in Kerikeri selbst geernteten Pflaumen, und Pfannkuchen, und ich kann jetzt Pfannkuchen in der Luft wenden und bin mächtig stolz auf diese neu erlernte Fähigkeit, hahaha :)


Es benötigt noch ziemlich viel Konzentration, aber... landet in der Pfanne! :)

Außerdem kann ich, wenn ich will, zu Sonya auf den Hügel laufen (remember: Das Maori-Mädchen, das hinter dem Haus in einem Pferdehänger wohnt) und mit ihr reiten gehen. Sie hat drei Pferde, eins davon stocklahm… wie die meisten Maoris steht sie auf  „Natural Horsemanship“ bzw. eine Unterart davon, die eigens für Neuseeland zurechtgebogen wurde. Ich denke, im Grunde geht es primär darum, sich auf dem Pferd zu halten und halbwegs zu bestimmen, wohin es laufen soll (und mit viel Glück noch zu bestimmen, wie schnell). Hilfsmittel: insbesondere Zügelzerren, Kicken, und wenn das auch nicht hilft, Verpreschen. Da es aber „Natural“ Horsemanship ist, wird meistens ohne Trensengebiss geritten, nur mit Hackamore oder Halfter. Sonya erklärt mir, wie sie das aufbauen – erst Halfter, dann Hackamore, dann Trense, wenn es das Pferd jemals so weit schafft. Ihre zwölfjährige Stute ist gerade beim Halfter angekommen, und galoppieren kann sie leider immer noch nicht. Da ich erzählt habe, dass ich reite, fragt sie mich, ob ich nicht ihrer Stute galoppieren beibringen kann. Als ich mich auf den Rücken der unbemuskelten Stute schwinge, stelle ich allerdings in Frage, ob ich wirklich reiten kann… ich bitte Sonya, mir zu zeigen, wie sie mit ihren Pferden kommuniziert. Sie ist sehr stolz auf ihre Art, mit Pferden umzugehen, und hatte ganz berühmte Trainer… auf youtube. Congratulations. Nein, ich kann dieser Stute nichts beibringen, denn sie weiß überhaupt nicht, was der Mensch auf ihrem Rücken will, geschweige denn hat sie die nötigen Muskeln, um mich zu tragen (selbst im Trab). Ich könnte also mit Sonya reiten, aber ihr Stil entspricht nicht so richtig meiner Philosophie vom Reiten. Manchmal amüsiere ich mich gut, wenn ich zuschaue, wie sie eine 13jährige (andere) Stute „einreitet“ – vollkommen roh, das Tier, und Sonya schwingt sich halt auf den Rücken und lässt sich runterbuckeln. Einen gewissen Unterhaltungswert hat das schon, aber insgesamt nicht so meins. Sonya erklärt mir, dass ihr Vater ein berühmter Pferdetrainer ist und ein Gestüt hat und sie ihm immer beim Einreiten („Breaking in“) hilft, und sie erfolgreich Pferde verkaufen und all das. In Neuseeland ist es wirklich ziemlich einfach, mit Pferden zu arbeiten. Die Maoris brauchen Pferde als Statussymbole, genau wie ihre Kumaras. Daher ist die Nachfrage entsprechend hoch und das Niveau erschreckend niedrig. Auch bei größeren Reittouren-Veranstaltern.


Was kann ich sonst noch erzählen?
Unsere Zeit bei Marzena und Petronella ist praktisch abgelaufen; ich schreibe eben noch diesen Blogeintrag, um euch auf dem Laufenden zu halten, dann werde ich meine Rucksäcke flugzeuggerecht packen, denn morgen Abend fliegen wir nach Australien. Just to let you know.


Morgen & übermorgen wird lustig: Wir werden morgen nach Auckland hitchhiken, wo wir gegen drei Uhr am Flughafen sein sollten (straffer Zeitplan, aber das wird schon!). Dann fliegen wir früh-abends nach Melbourne, feiern dort im Duty Free Shop Silvester (günstiger Sekt!) und morgen früh geht’s um acht weiter zum Adelaide Airport. Von dort fahren wir mit dem Airport Shuttle Bus zur Central Bus Station, verbringen ein paar Stündchen in Adelaide City, fahren dann mit dem Bus weiter nach Cape Jervis, wo angeblich nichts sein soll außer der Schiffsanlegestelle; dort haben wir bereits eine Fähre gebucht, die nach Kangaroo Island tuckert, wo wir gegen sieben in Penneshaw ankommen und von unserem nächsten (ersten australischen) Host abgeholt werden, der in Kingscote an einem wunderschönen Strand eine Luxushotelanlage führt und uns eingeladen hat, dort zu helfen. Japs. So ist der Plan ;)

Außerdem ist in Australien das Wetter besser. Hoffentlich. *g*

A: Kawakawa, da sind wir grade; B: Auckland Airport; C: Melbourne, hier werden wir im Checkin-Bereich Silvester feiern; D: Adelaide Airport, da landen wir übermorgen; E: Kangaroo Island, Endstation für Di, 02.01.2013
Daher wünsche ich jetzt schon mal allen ein wundervolles Neujahrsfest – ich muss lachen, wenn ich daran denke, wie wir feiern werden… sehr individuell! :D Aber das war die günstigste Flugzeit… und Duty Free Sekt ist nicht zu verachten.


Guten Rutsch euch allen!

2 Kommentare:

  1. Danke für deine tollen Einträge..ich liebe es sie zu lesen!!
    Einen guten Rutsch wünsche ich euch beiden und dann hoffe ich bald wieder von dir zu hören,diesmal aber aus Australien :-).

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    1. Tina, mein größter Blog-Fan :) Danke fürs Lesen und Kommentieren, das motiviert mich weiterzuschreiben!

      Wünsche dir auch ein wunderbares neues Jahr! And you gonna hear from me for sure!

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