Freitag, 21. Dezember 2012

Soul food



Der Alltag hier ist schon längst eingekehrt, aber es ist ein schöner Alltag, lässt sich gut aushalten ;) Wir sind morgens meistens damit beschäftigt, Frühstück, Lunch und Abendessen für die Gruppe vor- bzw. nachzubereiten, das dauert schon mal bis zwei oder drei Uhr. Dann ist Freizeit und wir können z.B. an den Strand fahren oder am Fluss schwimmen oder einfach rumdösen, Gitarre spielen, malen, töpfern (ja, ich habe sogar Ton!), schreiben oder sonstige schöne Dinge tun… Die schönen Klänge des Busches gehören inzwischen auch dazu, ebenso die Millionen von Moskitos, die im selben heimisch sind (ja, auf die könnte ich verzichten!). Clap your hands three times, no matter where and how, and you can be sure you killed at least 2 mosquitoes. Bah! Jetzt wird es langsam auch so richtig sommerlich. Das mit der neuseeländischen Sonne habe ich noch nicht so ganz raus, aber ich habe mir vorgenommen, mir nach 3 Sonnenbränden erst mal keinen mehr zu holen. Waren zwar keine schlimmen Sonnenbrände, aber allein die Tatsache, dass es so schnell geht und das auf meiner eher sonnenunempfindlichen Haut – aufpassen!



Shoe desinfection - help stop Kauri dieback!

In der Umgebung kann man auch schöne Bushwalks unternehmen, durch echten „native rain forest“ mit ein paar herrlichen Kauri-Bäumen, die aber zur Zeit von einer Krankheit befallen sind, die sie abtötet, und deshalb muss man extrem vorsichtig sein und die Schuhe desinfizieren, bevor man das Gebiet betritt und auf den Kauri-Wurzeln rumlatscht. Es lohnt sich aber auf jeden Fall; 2000 km Regenwald, (fast) unberührte Natur, Wasserfälle, Palmen, Kauri-Bäume, lustige Langusten in den Flüssen, Vogelschreie, klare, kristallklare Luft, frische ursprüngliche Energie... schon schön, sowas!

found a Maori fighter in the middle of the bush ;)
Grotte mit Wasserfall :)

...touching the most power- and beautiful trees...

Auch schön:
 
Wir fahren abends mit dem Auto an den Strand, wo ein klitzekleines Strandcafé steht, eine Bühne für eine sechsköpfige Band, die strandtypische Chill-Out-Musik spielt. Umringt von Palmen und schön duftenden, größtenteils bereits blühenden Christmas Trees, mit ein paar bunten Lichterketten, und überall jammeln Neuseeländer rum (kein einziger Maori, eher so die weiße Ecke), auf Decken und selbst mitgebrachten Stühlen, und haben Spaß und essen das Essen vom Strandcafé; extrem viele Kinder, die in den Sanddünen spielen und Pommes essen; die Jungs tragen Superman-Kostüme und die Mädels Feenkleider; viele alternative Menschen hier, interessante, relaxte, witzige Leute, die zur Musik grooven; die späte Sonne taucht alles in das typische, warmgoldene Nachmittagslicht; und man kann sich einfach dazujammeln und der Band lauschen und die Leute beobachten, die zum Teil schon exotisch sind...



 



Als die Sonne langsam dem Horizont entgegen gleitet, verlassen wir das bunte Treiben und laufen auf einem schmalen Sandpfad durch die Dünen Richtung Meer. Die Luft ist ganz mild, weich und warm; vom kalten Winterwind fast keine Spur mehr. Nur eine sanfte Salzbrise, als ich mich dazu entscheide, die Schuhe auszuziehen, weil das Laufen im tiefen Sand mühsamer wird. Mir kommen ein paar Leute entgegen, einer von ihnen trägt ein Surfbrett; lässig, entspannt, klar, mit Bierchen und so; die Sonne steht so tief, dass sie lange Schatten werfen; der Fluss, der vom Meer ins Land fließt, ist eine einzige leuchtende, glatte Oberfläche, in seiner schlängeligen, einmaligen Form; in den Dünen schläft ein kleiner Junge, den seine Freunde beim Spielen wohl vergessen haben; das Rauschen des Meeres wird lauter, rauscht durch die Ohren direkt in den Kopf, und wie das so ist, wenn man irgendetwas intensiv anhört, verschwinden alle Gedanken, die vorher im Kopf waren, und es bleibt eine angenehme, friedliche Tiefe zurück, die für all die Schönheit der Umgebung viel empfänglicher ist... der Sand unter den nackten Füßen ist schon relativ kühl, aber noch nicht kalt... der Wind bläst stärker, das Meer kommt in Sicht, wellig, schäumend, wild, ungezähmt wie eh und je... West Coast! Ich beobachte die Wellen, die gegen die zackigen Felsen klatschen, mal stärker, mal weniger stark, in einem ganz eigenen Rhythmus, von dem man einfach nicht genug bekommen kann... und die untergehende Sonne taucht alles in wundervolles orangegoldenes Licht; die Haare flattern mir ins Gesicht und um die Ohren; ein Surfer mit seinem Brett unterm Arm joggt in den Sonnenuntergang und schmeißt sein Board in die Fluten, um die letzten Wellen zu genießen... es ist kein wirklich spektakulärer afrikanischer Sonnenuntergang mit explodierenden Farben und unglaublichen Mustern, eher ein stiller, fließender, aber auf seine ruhige Art trotzdem unheimlich schöner neuseeländischer Strand-Sonnenuntergang; mild, frisch und zart-sommerlich... Ich stehe ganz still, bis die Sonne mit einem letzten Augenzwinkern im Meer versinkt... 



Dann tragen mich meine nackten Füße nach rechts, wo die Amis vor einer großen Felsenhöhle bereits das Lagerfeuer entfacht haben (für das sie beim D.O.C. extra eine Genehmigung eingeholt haben); um dorthin zu gelangen, muss ich meine Hosenbeine hochkrempeln und durch den Salzwasserfluss waten, dessen Strömung im Moment sehr friedfertig scheint (ich habe ihn schon anders erlebt)... dann trockne ich meine nassen Füße am Feuer und betrachte die Pappteller und Flaschen, die um mich herum die Runde machen... es gibt Kartoffel-Spinat-Tomaten-Quiche, dazu Erbsen-Rote-Beete-Salat und noch einen anderen Salat, den ich nicht so recht identifizieren kann; einige Tüten Chips natürlich, drei verschiedene weiße Weine und viel Bier... sieht gut aus! :) Als meine Füße einigermaßen trocken sind, laufe ich durch den weichen schwarzen Sand zur „Bar“ und bediene mich ausgiebig. Schon mal Quiche und Chips mit Weißwein am Lagerfeuer am schwarzen Sandstrand vor einer Felsenhöhle an einem wirklich extrem schönen Naturstrand genossen? Waaaaaah! :D :D :D 


Anschließend wickele ich eine Kumara (Süßkartoffel) in Alufolie ein (eine weiße; es gibt auch orangene und rote, aber ich liebe die weißen am allermeisten!); eine neuseeländische Spezialität, wie man mir erklärt; die Amis fahren nicht so drauf ab, die sind mehr begeistert von den Chips und Tortillas (die auch nicht schlecht sind, nein nein nein)... über den Strand legt sich jetzt eine feine, feuchte, neblige Schicht, die den Strandrettungsturm umhüllt; es sieht aus wie eine Filmkulisse, eine besonders gute! 

Ich warte, bis meine Kumara fertig ist, und währenddessen singen die Amis zusammen mit ihrem Maori-Lehrer Maori-Lieder, die sie während ihrer Reise gelernt haben. Eine der Mädels hat eine Ukulele dabei. Dann genieße ich meine Kumara, mit Weißbier im Pappbecher und Blick aufs Meer, die ersten Sterne fangen an zu funkeln... Neuseeland hat nicht die meisten Sterne, aber zusammen mit Australien die klarsten, und das stimmt wirklich, die sind so hell, so hell, man sieht sie wirklich funkeln! Als ich fast fertig bin mit der Kartoffel, deren Geschmack sehr an Maronen erinnert, bricht plötzlich eine riesige Welle über den Fluss herein und flutet fast das übrige Feuerholz. „Tide is coming“, somebody says, und die Amis werfen das ganze übrige Feuerholz ins Feuer. Die Flammen schießen in die Höhe, Funken fliegen in den Sternenhimmel, ein paar Amis, die schon recht betrunken sind, jubeln und werfen die Arme in die Höhe und tanzen und singen „fire, fire!“, „yeeeeah fire!“, ich grinse nur und schäle die verbrannte Schale von meiner Kumara... und weil die salzige Flut sich langsam, sanft, aber unaufhaltsam weiter Richtung Höhle walzt, brechen wir langsam die Zelte ab (die Amis bleiben; ich weiß nicht, wie lange sie noch gefeiert haben, es war ihr letzter Abend)... Schuhe untern Arm klemmen, wieder durch den Fluss waten, der überraschenderweise immer noch recht sanft fließt, nur eben jetzt viel breiter ist... und dann barfuß über den vollkommen unbeleuchteten Strand zurück zum Parkplatz, dem schmalen Pfad durch die Dünen folgen, hin und wieder auf ein paar Dünengräser treten... der Lagerfeuer-Rauch-Geruch haftet an allem, was ich trage, und als wir nach Hause fahren, öffne ich das Fenster und lasse die noch immer milde Nachtluft herein... herrlich!?

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