Heute ist schon unser letzter Tag in Aio Wera, puh. War
eine superschöne Zeit, highly enjoyable, ich werde es vermissen. Wir
entscheiden uns, den See zu besuchen, der angeblich wundervoll ist und in der
Nähe von Bethells Beach in den Dünen liegt. Als wir mit Di’s Auto am Parkplatz
dort ankommen, stehen allerdings mehrere Polizeiautos rum… ich leicht nervös,
weil keiner von uns eine drivers‘ license dabei hat, aber Laszlo ist echt ein
Genie puncto Pokerface und fährt einfach ganz lässig auf den Parkplatz (ich
wäre ja weitergefahren…) Ein NZ-Cop mit stechend blauen Augen fragt uns
freundlich, ob wir zum See wollen. Ja, wollen wir? Geht leider nicht, meint er,
da ist jemand ertrunken und sie haben die Leiche noch nicht gefunden. Ach so?
Oh. Das ist blöd. Tja. Dann fahren wir eben zum Strand. Danke, danke vielmals,
äh, also tut uns leid, das mit dem Ertrinken, und Tschüssi! :D Haha. Ich frage
Laszlo, woher die wissen wollen, dass da jemand ertrunken ist, wenn sie die
Leiche noch gar nicht gefunden haben… er meint ganz trocken und mit stoischem
Blick: „Because somebody went out with somebody and didn’t come back!?“ Den
Rest der Fahrt zum Meer muss ich mich daraufhin leider vor Lachen kringeln…
very creative female mind vs logical male mind ;)
Im Meer habe ich wieder riesigen Spaß… es ist jetzt schon
stundenweise richtig heiß, und richtig heiß heißt wirklich heiß, man bekommt
sofort einen Sonnenbrand, wenn man sich nicht schützt (ICH bekomme sofort einen
Sonnenbrand… ich weiß nicht wie das anderen geht). Ich gehe dreimal schwimmen,
zweimal während der Flut, das ist noch relativ lustig, auch wenn die Wellen
schon recht hoch sind; und später nach einem netten Schläfchen am Strand noch
einmal, als die Ebbe schon fast ganz „vollendet“ ist. Ich bin total fasziniert
und begeistert von der immensen Kraft des Ozeans, lasse mich ständig von Wellen
unter Wasser bomben, durch die Gegend zerren und ziehen, und beobachte
fröhlich, wie das Ufer immer weiter weg scheint und die Wellen immer riesiger
und meinen Körper immer kräftiger durch die Gegend ziehen, der mir plötzlich
sehr winzig und nichtig vorkommt… irgendwann stelle ich fest, dass Laszlo, der
eigentlich nicht schwimmen wollte, als kleiner winziger Fleck in Badeklamotten
am Strand steht, woraus ich schließe, dass ich a) sehr weit abgedriftet bin, b)
sehr weit draußen bin und c) wieder mal imstande bin, mich in irgendeine Gefahr
zu bringen, die ich derzeit noch nicht erkenne. (Diesen Punkt halte ich zu dem
Zeitpunkt für unwahrscheinlich, ich fühle mich total sicher und fröhlich als
Spielball der Wellen) Also beschließe ich, hauptsächlich um Laszlo zu
beruhigen, wieder an Land zu schwimmen – hahaha… in dem Moment, in dem ich die
Richtung wechsle, erkenne ich erst den extrem starken Sog, von dem ich mich die
ganze Zeit Richtung Ozean habe ziehen lassen. Ich bin schwerst beeindruckt, wie
kräftig der Sog ist, aber Angst habe ich keine Sekunde. Ganz entspannt und
immer noch im Rhythmus des Wassers arbeite ich eine Taktik aus, wie ich mich
Richtung Ufer bewegen kann, und beginne die Wellen auszunutzen, um wieder
Richtung Land zu kommen. Das dauert eine Ewigkeit, denn wenn keine Welle kommt,
werde ich sofort wieder nach draußen gesogen… aber irgendwann habe ich Boden
unter den Füßen (den ich hin und wieder verliere, wenn es mich „von den Füßen
saugt“), und irgendwann wird das Wasser niedriger, und irgendwann erkenne ich
Laszlos Gesicht… alles ganz easy ;) Ich strahle wie ein Honigkuchenpferd, als
ich mich in mein weiches, warmes Handtuch einwickle… das war schöööön! :)
that's how professional hitchhiking looks like |
Am nächsten Morgen startet wieder die schon beinahe
routinierte Aufbruchsstimmung: Wecker um fünf Uhr, packen, frühstücken. Ich bin
jetzt richtig gut im Porrage-Kreieren, muss sagen, das schlägt die schlichte
Zubereitung von Haferflocken in kalter Milch schon um einiges… ich genieße also
mein vorerst letztes selbstgemachtes Porrage mit Datteln, Rosinen, Zimt, Honig,
echter Vanille, gemischten sehr weihnachtlichen Gewürzen, etwas braunem Zucker
und schöööön warmer Milch und dazu frischer Naturjoghurt, Banane und Apfel. Ich
werde es vermissen.
Lal fährt uns nach Kumeu, von wo aus wir auf dem Highway
16 anfangen zu hitchhiken. Wir wurden vorgewarnt, dass es nicht so einfach ist,
nach Norden zu kommen, als umgekehrt. Aber es scheint zu funktionieren, wenn
auch mühsam und stückchenweise, manchmal nur ein Kaff weiter ;) Wir brauchen 5
verschiedene Fahrer bis nach Kawakawa, aber insgesamt läuft alles ziemlich gut;
und das mit nur einem „North“-Schild, keine Details, nichts Genaues. North
reicht wohl. In Deutschland undenkbar, man würde uns für bekloppt halten. Es
nieselt auch die ganze Zeit ein bisschen, vorbei das schöne Sommerwetter, und
ich bin sehr dankbar, dass es nicht schifft wie blöd; insbesondere dann nicht,
wenn wir grade mal wieder mit unserem Gepäckhaufen am Straßenrand im Nirgendwo
stehen, wo ungefähr alle 10 Minuten 2 Autos vorbeifahren. Wir brauchen fünf
Autos (manche davon fahren uns nur ins nächste Kaff, besser als nix!), bis wir
in Kawakawa ankommen. Aber wir kommen an, trocken und unversehrt, haben Glück, trotz wirklich wenig Verkehr, und wir brauchen grade mal vier Stunden für rund 220 km.
Ich warte mit dem Gepäck vor der Hundertwasser-Toilette
(Dejavu!) während Laszlo in einen Shop latscht und Marzeni anruft. Marzeni ist
unsere nächste Host(in) und wird uns hier abholen. Sie hatte vorher noch nie
helpxers, wir wissen also nicht wirklich, was auf uns zukommt und sie weiß es
vermutlich auch nicht… Mit einer Dreiviertelstunde Verspätung kommt sie endlich
an; ich teile mir die Rückbank des ziemlich kleinen Autos mit einem ziemlich stinkenden
West-Highland-Terrier und der kleinen Petronella, die gerade von der Schule
abgeholt wurde. Laszlo hingegen teilt sich den Beifahrersitz mit meinem
kiloschweren Backpack, hahaha :D
Aussicht vom Haus aus |
Erst mal Bekanntschaft mit der ganzen Besatzung machen... |
...und sich bei Mr Giant-Ziegenbock einschleimen ;) |
Petronellas Pony "Toffee" und ich sind gleich beste Freunde *g* |
Marzena und Petronella wohnen in einem großen Farmhaus
auf einem Hügel mitten in idyllischstem Auenland umgeben von Kühen und Pferden
und Miniponys und Ziegen, und sie haben zwei Katzen und eben diesen stinkenden
West-Highland-Terrier namens Hella. Das Haus ist riesig, war ursprünglich
gedacht für die ganze Familie, aber Marzenas älteste Tochter (20) ist bereits
ausgezogen und hat seit 2 Wochen ein Baby und Marzenas Ehemann ist am 24.12.2011 an
Krebs verstorben. Ich denke, sie wird keine große Lust haben, Weihnachten zu
feiern… wir werden sehen. Marzena kommt aus Polen, hat dann aber einen Kiwi
geheiratet und seither die neuseeländische Staatsbürgerschaft. Töchterchen Petronella (what a name!) ist
also halb Kiwi, halb Polnisch. Weil das Grundstück so riesig ist, vermietet
Marzena einige Teile davon. Einen Teil besetzt Sonja, sie ist ein 20jähriges Maori-Mädel
mit zwei Pferden, einem deutschen Schäferhundmischling und einer weißen Ziege
und sie wohnt in ihrem eigenen Pferdeanhänger (okay…). Eine kleine Hütte next
to the house besetzt ein IT-Profi, der für Minolta arbeitet, ich habe seinen
Namen vergessen, aber er ist auch irgendwie nie da. Und eine weitere Hütte
etwas oberhalb auf dem Hügel wird regelmäßig an Travellers vermietet; davon
bekommen wir hier unten aber nix mit. Interessant, dass hier in NZ die
Grundstücke immer gleich so riesig sind… für eine alleinerziehende Mutter mit
Kind natürlich 1000mal zu groß.
An unserem ersten Abend sind wir vor allem damit
beschäftigt, das für uns vorgesehene Zimmer und das Bad zu putzen, unser Bett
zusammenzubauen, zu staubsaugen, Spinnweben und Kacka von allen möglichen
Nagetieren zu entfernen und alles wohnlich zu machen; aber als die Arbeit
vollendet ist, sieht es sehr gut und wohnlich aus! Und einen kleinen
Swimmingpool gibt es auch!
Die ersten beiden Tage verbringe ich mit Fensterputzen,
mittlerweile bin ich Profi… auch wenn mir das nach wie vor nicht wirklich Spaß
bereitet, haha. Das Wetter ist total verrückt. Ehrlich. Man merkt, dass
Neuseeland eine Insel ist. Am selben Tag kann es schiffen wie blöde und
nachmittags ist es so heiß, dass man in 15 Minuten einen Sonnenbrand hat.
Wetter: bescheiden, aber: ich war in Paihia! |
Marzena
ist sehr bemüht um uns, zeigt uns das berühmte Paihia – leider schifft es an
diesem Morgen wie blöd – und wir laufen am Strand herum und schauen uns die
Shops an, aber insgesamt ist Paihia auch nur eine Seaside-Town wie Mission Bay
und St Helliers auch. Klar, nett, mit Ozean und so; sehr viele Souvenirshops,
und ich bin verführt, Geld auszugeben, aber Laszlo hält mich freundlicherweise
davon ab. Man kann Schwimmen-mit-Delfinen-Touren machen und Speedboat-Touren
und sonstige Touri-Touren, aber irgendwie bin ich gar nicht mehr so begeistert
davon… seit ich auf Kawau Island Kajak paddeln durfte und unmittelbar von
Rochen und Orcas umgeben war, habe ich nicht mehr das große Bedürfnis, mich
zwischen 50 andere schnatternde Touristen mit klackernden Fotokameras zu
quetschen und um einen Platz an der Reling zu streiten, um den einen Delfin zu
beobachten, der sich in die Nähe des Bootes verirrt hat. Neinnein. Ich bin
sicher, eines Tages, wenn die Zeit gekommen ist, werde ich das erleben, und
zwar vollkommen untouristisch und natürlich und wundervoll.
Ausgiebige Huldigung eines sehr geschichtsträchtigen Platzes in Kerikeri! |
Am zweiten Tag zeigt uns Marzena Kerikeri, die Stadt, wo
zu Beginn des 19. Jahrhunderts die ersten englischen Siedler landeten und sich
ein nettes kleines Mansion House gebaut haben – popular – sowie ein Steinhaus,
und beide sind sehr berühmt, weil es nun mal die ersten Häuser in Neuseeland
waren. Während die Maori sich noch gegenseitig kannibalisiert haben, stiegen
die ersten feinen englischen Damen mit weißen Handschuhen und feinen
Sonnenschirmen aus den Schiffen und pflanzten Feigen- und Grapefruitbäume auf
einer Insel, die wie geschaffen ist für diese Pflanzen. Hihi. Die sind heute
immer noch da, und jeder kann sich bedienen (auch wenn es kaum jemand wagt).
Und so machen wir ein kleines Picknick in der Sonne am Fluss next to Mansion
House, trinken Champagner (das war nicht meine Idee…) und ernten Feigen,
Pflaumen, Grapefruits, Zitronen und was der paradiesische Garten noch so zu
bieten hat. Hella, der Westie, jagt währenddessen die Fasane im Garten.
Touristenfoto vor der Kerikeri-Policestation |
(Christmas Tree) Im einen Moment strömender Regen... |
...zehn Minuten später Sonnenschein! (Jacaranda Tree) |
Hochkonzentriertes Anbringen von Feen-Haarschmuck |
Zusammenfassend kann ich erst mal sagen: Kein schlechter
Platz hier. Natürlich kein Vergleich zum paradiesischen Aio Wera oder zu Kawau
Island, aber durchaus interessant. Vor allem interessant zu sehen, wie Menschen
so leben können, wie sie denken, sich organisieren (oder auch nicht), was für
sie wichtig ist und was sie bereit sind dafür zu tun (oder dagegen. Das
passiert interessanter Weise öfter, als man denkt). Interessant, „um diese
Jahreszeit“ ständig Weihnachtsmusik zu hören (polnisch, englisch oder auch
deutsch), und auch interessant polnisch bekocht zu werden. Viel Fleisch, ist ja
nicht so meins, aber das macht gar nix – hilft mir, ein bisschen was von meinem
aufgefutterten Vegetarisches-Luxusessen-Speck abzubauen ;) Petronella ist
süß (bisher), ein bisschen einsam und anschlussbedürftig und ein bisschen in
ihrer eigenen Traumwelt, aber süß. Sie hat viele Feenfreunde im Garten, für die sie täglich Blumensuppe und -kaffee kocht und die nur sie sehen kann mit ihrer speziellen durchsichtigen unantastbaren Feen-Brille. Manchmal habe ich noch ein bisschen Schwierigkeiten, ihr Englisch zu verstehen ("DJ is my fen, Me I'm da pinsi and me call him pin!" = "DJ is my friend, I am the princess and I call him prince"). Hihi....
Außerdem schön, jeden Tag nach der Arbeit
einen Pool zu haben, in den man kurz hüpfen kann; es ist aber auch notwendig,
wenn die Sonne bratzt und man vier bis acht Stunden Fenster putzt (z.T. 3 Meter über dem
Kopf). Die Aussicht ist ebenfalls wunderschön, besonders in der
Nachmittagssonne, und überall sind Tiere, die manchmal in den Garten kommen
(dann müssen wir sie mit den Fensterputz-Teleskopbesen verscheuchen, damit sie
nicht die Blumen fressen). Und natürlich
nach wie vor am schönsten, ich selbst zu sein und zusammen mit Laszlo sein zu
dürfen – da ist es eigentlich egal wo und was ich tue… :)
Swimmingpool-Flower-Fairies ;) |
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