Mittwoch, 5. Dezember 2012

Aio Wera - Grüße ausm Busch...


Lange nichts mehr uploaden können… das Internet hier ist ziemlich sporadisch, bin mitten im Busch, und die 1-2 Stunden wifi pro Tag fallen meistens zusammen mit meinen Arbeits- oder Abwesenheitszeiten… aber freuet euch, hier kommt das lang ersehnte Update!

Als wir von Kawau Island Abschied nehmen, wird mein Abschiedsschmerz zum Glück komplett von Abenteuerlust und Vorfreude überschattet. Ich bin einfach nur dankbar für die wundervolle Zeit und trotzdem ganz und gar in der Gegenwart – das letzte Mal die Steintreppe durch die wundervollen duftenden Blumen hinunterlaufen, einen Blick zurück auf die Terrasse werfen, die wir gestrichen haben, ein letztes Mal die herrliche Seeluft inhalieren und den buntgemischten Gesang der Vögel in meinem Herzen speichern – und dann das Gepäck auf „Dolly“ verfrachten und AB GEHT’S! Ich kann gar nicht genug bekommen vom Schifffahren, oder vom Meer im Allgemeinen. Helen und Dave setzen uns am Highway in Warkworth ab, und wir müssen noch ein kleines Stück pilgern, um an den perfekten Hitchhike-Platz zu gelangen. Ich finde, ich habe mein Gepäck prima organisiert – perfekt, um etwas Strecke zurückzulegen, weil ich den riesigen Rucksack auf dem Rücken tragen kann und den kleineren (der immer noch 30 Liter hat oder sowas) auf dem Bauch. Laszlo hingegen muss seine Taschen und Trollis auf relativ unbequeme Weise schultern und schleppen und schleifen… so, raus mit dem Pappschild („Auckland“ steht da drauf, wir wollen zwar nach Swanson, aber Auckland ist wahrscheinlicher) und nur zirka zehn Minuten später hält ein altes winziges Auto neben uns, in das wir unser Gepäck stopfen (es hält aber durch). Mike, der Fahrer, ist ein ziemlich relaxter und freundlicher Kiwi, er ist Architekt und trägt Hawaii-Hemden und seine neueste Tochter ist gerade drei Monate alt ;) Witzig, dass man hier nur Männer trifft, die mit der Baubranche zu tun haben, entweder sie sind Bauarbeiter (wie Mike und David) oder Makler (Dave; gut, Dave ist nebenbei noch Wassertaxifahrer) oder Architekten (Mike 2)… und dann haben sie auch noch alle ähnliche Namen… entweder das ist Zufall, oder Neuseelands männliche Bevölkerung ist relativ einfach über einen Kamm zu scheren *g* Mike fährt uns bis zur Bahnlinie, die auf direktem Wege nach Swanson führt, und wir müssen noch genau fünf Dollar pro Bahnticket nach Swanson bezahlen. Sehr einfach! Everything going smoothly like it should be! :)

 In Swanson haben wir dann noch vier Stunden Zeit (wir haben die Hitchhiking-Dauer mal wieder gnadenlos überschätzt, aber besser so als andersrum!). Wir bitten die japanischen Betreiber des Bahnhof-Cafés, auf unser Gepäck aufzupassen, was erstaunlich gut klappt. Sie schließen unsere Rucksäcke und Trollis im Nebenzimmer weg und wir können fröhlich und frei Swanson erkunden gehen. Nun ja, sehr viel gibt es da nicht  zu sehen; Swanson ist ein winzig kleines Kaff mit zwei winzig kleinen Supermärkten (Tante-Emma-Lädchen in Reinform! Da kann sich Deutschland ne Scheibe abschneiden!), einem Pub und einem Zeitschriftenladen. Oh, und einem riesigen Golfplatz! Die Hälfte von Swanson besteht vermutlich aus Golfplatz. Wir kaufen uns nach alter Tradition Zartbitterschokolade, Bananen und Bread Rolls und suchen uns einen schönen Platz in der Sonne, wo wir alles genüsslich wegmampfen können. Dieser Platz in der Sonne liegt rein zufällig auf dem Golfplatz, aber wir haben Glück und werden von keinem Tiefflieger erschlagen und auch von keinem highly sophisticated Platzwart vertrieben. Dann noch ein kleines Nickerchen (immerhin waren es mal wieder nur vier Stunden Schlaf und schon recht viel Abenteuer für einen Tag!), später ein paar Spackereien auf dem lokalen Spielplatz (der ist richtig modern, auch für Erwachsene gebaut, und hat coole Attraktionen wie den Flying Fox oder die Superschaukel!) und dann ist es auch schon drei Uhr und wir werden von Avis und Lucy am Bahnhof abgeholt. Avis ist die derzeitige workxerin in dem Zentrum, wo wir hin wollen, und sie holt uns mit ihrem vollgestopften Auto ab, in das noch weniger passt als in Mikes kleine Kiste. Folge: Wir legen den kurzen Weg von Swanson zum Zentrum auf einmalig vollgestopfte Weise zurück. Da Avis‘ Kofferraum voll ist, müssen wir alle Trollis, Koffer und Rucksäcke UND Laszlo und mich auf der Rückbank stapeln :D Hahaha… Ich hab jetzt noch nen steifen Nacken *g*


Welcome to Aio Wera Centre!
Nach kurzer, aber abenteuerlicher Fahrt kommen wir endlich am Ziel an: Unser nächster Host ist „Di“, sie betreibt ein Health Centre in Waitakere namens „Aio Wera“. Ein Ort der Ruhe und Erholung und Spiritualität und so, mitten im neuseeländischen Busch. Als wir ankommen und unser Zimmer beziehen (hat ein bisschen was von Kloster), spüre ich sofort die krasse Energie dieses Ortes. Sie erschlägt mich förmlich, hat nichts von der leichten, weißen, salzig-windigen Energie von Kawau Island, sondern ist dicht und schwer und gehaltvoll. 

Ein kleiner Teil des Gartens mit obligatorischem Budd
Überall sind bunte Mosaike, Buddha-Figuren, spirituelle Maori- Schnitzereien, Töpfereien, Ranken, verwachsene Bänke und versteckte Plätze zu finden, wo man sich zurückziehen und was-auch-immer tun kann. Ich bin geplättet, spüre aber gleichzeitig, dass dies ein sehr, sehr guter Ort ist, an dem innerlich viel mit einem passieren kann. Die Energie all der Ereignisse, die hier in Menschen schon vor sich gegangen sind, wabert durch das Zentrum, „the wind of change“, oder wie auch immer man das nennen mag. Unser Host „Di“ ist übers Wochenende nicht da, aber „Lal“ ist hier, eine zirka sechzigjährige, sehr liebenswerte Engländerin, die viel Zeit ihres Lebens hier verbracht hat, aber eigentlich nicht in Neuseeland wohnt. Sie weist uns in alles ein und gibt uns die nächsten beiden Tage Arbeit, die eigentlich nur aus Gartenarbeit besteht (schön! :) ) 
So verbringe ich die Morgens (Morgende? Mörgen? Mörgende? Morgene? Egal, you get the point) mit Rechen, Rechen, Rechen, Palmen und Farne schneiden, Mähen, Beete ausheben und Unkraut jäten… bei schönem Wetter die perfekte Tätigkeit, bei Regen eher nicht so… und hier wechselt das leider immer noch fast stündlich… aber man gewöhnt sich daran, immer alles dabei zu haben (Stichwort Zwiebellook! Aber inklusive Regenjacke und –hose!). Mittags ist die Auswahl groß… es gibt superschöne Bushwalks in der Umgebung, man kann zum Fluss laufen und auch drin schwimmen (aber immer wenn ich mir das vornehme, regnet es) und – HURRA – ich darf Di’s Gitarre benutzen. Di hat eine richtige, echte, klassische Gitarre, keine mit Stahlsaiten, sondern ganz weiche, wundervolle, klingende Saiten, so wie ich das mag. Herrlich!

"Gardening" inmitten von so herrlichen Pflanzen hat was!

Einer der Gemeinschaftsräume mit 1000 weisen Büchern

here you can sit and eat in the sun...

Ach ja, und dann ist auch schon der 27.11. da, schwuppdiwupp, ich werde einen Tag älter! Meinen Geburtstag starte ich mit einem herrlichen Wildblumenstrauß, der mir ans Bett gebracht wird – schööön! Dann ein wunderbares Frühstück. Den Morgen verbringe ich mit vier Stunden Rechen (aber die Sonne scheint durchgehend!), dann gibt es ein herrliches Mittagessen (hier gibt es NUR herrliches Essen. Das Zentrum ist vegetarisch, es kann also gar nichts schiefgehen und ich LIEBE fast alles, was es hier gibt. Jede Menge Salat, Gemüse, Körner, Brotaufstriche, getrocknete Tomaten, Käse, Vollkornzeugs, Sprossen, Kartoffeln, Kumara (süße Kartoffeln, aber die Kiwis können nicht einfach „sweet potato“ sagen, sie nennen das Kumara) etc. etc.!). Mittags gehe ich mit der Gitarre runter zum Fluss und spiele zwei Stunden lang inmitten von rauschenden Palmen, Farnen, zwitschernden Vögeln (tropisch klingende Vögel wie auf Kawau Island) und in der Sonne. Dann lasse ich mich von all meinen Freunden aus Deutschland via Internet überraschen, die schon an mich gedacht haben – ich hatte eigentlich mit Geburtstagswünschen zum 28. gerechnet, Thema Zeitverschiebung und so, aber ganz viele schlaue Füchse haben das mit einberechnet und mir perfekt getimt gratuliert! Ich freue mich riesig, die Internetverbindung ist zwar so grottig, dass ich nicht sofort antworten kann, aber DANKE an all die lieben Menschen, die an mich gedacht haben! :) Abends bekomme ich einen tollen Geburtstagskuchen serviert, und die Gruppe, die zur Zeit hier ist, alles Frauen, die an ihrer Doktorarbeit schreiben, feiert mit mir… sehr sehr liebe Leute! 

Mein Geburtstags-Kaffeekränzchen mit Geburtstagskuchen!
Und danach hocken Laszlo und ich draußen, bis die Dämmerung einbricht (und die Millionen von Moskitos kommen, die hier wohnen)… auf sehr magische Art und Weise haben Wunderkerzchen den Weg zu mir gefunden, die jetzt wunderbar in die Atmosphäre passen… DANKE VIELMALS :) Das mag alles unspektakulär klingen, aber es war ein wundervoller Tag und ich war tatsächlich durchgehend glücklich. Da sieht man mal, was es braucht, um glücklich zu sein…. NIX außer Glück an sich, und das gibt’s gratis! :D

…die Zeit rast hier förmlich vor sich hin… schon eine Woche hier im Aio Wera Center… ich versuche mal allgemein zusammenzufassen… da es ein Rehabilitations-/Wellness-/Health-Center ist, sind meistens viele Leute hier, Gruppen, die irgendwas gemeinsam machen, zum Beispiel eben eine Doktorarbeit schreiben oder, im Moment, fünf Tage lang fasten (bzw. nur Frucht-/Gemüsesäfte trinken) und sich dabei jeden Tag massieren lassen, saunieren, das Jakouzi hier benutzen, Joga machen, spazieren gehen, gemeinsam Filme anschauen, Bücher lesen, relaxen, gemeinsam musizieren, sich von externen, eigens eingeladenen Counsellors beraten und stärken lassen, ShingTsu oder sonstige exotischen Körper- und Entspannungstechniken machen… also ich habe jetzt schon eine Joga-Klasse besucht, war sehr interessant und zu 100% entspannend, muss ich sagen! Auch Tai Chi habe ich ausprobiert, das war noch interessanter... Sport kann man das zwar definitiv nicht nennen (professionelle Verknotung und Verrenkung vielleicht), aber gut tut es trotzdem ;) Und zum Gitarre spielen komme ich auch zur Genüge, und meistens ist jemand da, der sich darüber freut.


...die hauseigene Sauna :)

Gestern haben Laszlo und ich einen Offday bekommen und den natürlich genutzt, um mit der Bahn nach Auckland reinzufahren. Da wir beide noch nie in Auckland waren, erkunden wir natürlich erst mal das Naheliegendste: Queens Street rauf und runter, rein in all die Surfer- und Klamottenläden, bisschen Kosmetika shoppen, ICH kaufe mir Farben und einen Malblock (*freu*, habe das so sehr vermisst, und jetzt in Aio Wera bietet es sich irgendwie besonders an), wir informieren uns über Schifffahrten (wird sicher nicht unser letzter Offday gewesen sein) und anschließend gehen wir stilecht chinesisch essen (oder japanisch, weiß ich immer nicht so genau). Mit Stäbchen, and I finally manage ;) Eigentlich macht es viel mehr Spaß, chinesisches Essen auch mit chopsticks zu essen, ist ne ganz neue Ess-Erfahrung, finde ich… sehr authentisch und lustig… wir haben sehr viel Spaß!
 Nachmittags besuchen wir dann noch einen gut gefüllten neuseeländischen Pub, um unsere Geburtstage nachzufeiern, und ich bekomme ein Cider-Bier mit nem Schuss Raspberry spendiert – mjamm! Danach fühle ich mich ein bisschen schwummselig, was eher ungewöhnlich ist nach nur einem Bier, aber vielleicht liegt es auch an dem kontinuierlich gesunden und alkoholfreien Essen, das ich zur Zeit genieße...
  
 "Weihnachten" auf Neuseeländisch: Britomart (Hauptbahnhof in Central Auckland)

Wir bekommen im Laufe der Woche noch einen zweiten Offday, den wir wieder nutzen, um Auckland City zu erforschen. Es macht riesigen Spaß, auch wenn wir nichts Besonderes unternehmen, aber die Stadt ist doch sehr spannend, inklusive all der Millionen von Fressläden, wo man Essen kaufen kann, das ich noch nie gesehen habe. 29% der Bevölkerung von Auckland sind asiatisch - 52% sind Pakehas (die ersten europäischen Einwanderer Neuseelands), aber die treiben sich irgendwie nicht auf den Straßen von Central Auckland rum. So fühlt man sich ziemlich östlich-touristisch, wenn man durch die Straßen und Shops wandelt, und es gibt riesige Diversitäten von östlichem Essen. Koreanisch, Malaysisch, Chinesisch, Japanisch, Thai, Indisch, und tausend andere „Unterarten“ von der Sorte Essen, die wir unkultivierten Deutschen gerne einfach „Chinesisch“ nennen. Es gibt sogar Klamottenläden, wo man chinesische (?) Trachten kaufen kann, aber ich beschließe, dass die mir nicht wirklich stehen (die Wahrheit wäre: passen *g*, denn an die Maße der feinen fernöstlichen Porzellanmädchen komme ich wohl nicht ran).

"You are looking for the best coffee world wide? Come to Auckland!"
(I consider selling this picture for a lot of money to the owner
of that coffeeshop *g*)


Insgesamt ist Aucklands Stadtkern um Britomart wirklich kunterbunt und interkulturell, fühlt sich aber im Stadtkern und in der Atmosphäre sehr westlich an. Viele Touristenshops natürlich, wo man Maori-Zeugs kaufen kann und sonstige Andenken (ich hätte ja gerne eine Jade-Kette….) und Typisch-Kiwi-Souvenirs. Maori sieht man allerdings kaum around Queen Street, ich glaube, die „original“ Neuseeländer halten sich eher an anderen Flecken auf ;) 

Ich esse mein erstes koreanisches Essen – natürlich wieder mit chopsticks, aber der Krampf in der Hand ist diesmal schon nicht mehr so übel wie beim letzten Mal. Koreanisch ist super, man bekommt tausend Tellerchen mit Kleinigkeiten (don’t ask me) serviert und natürlich eine große Grillplatte mit scharfem Fleisch und Ananas und Kartoffeldingsbumsen. Das wäre natürlich an sich nicht nötig, aber es macht total viel mehr Spaß so, wenn man zwischen den vielen Tellerchen wählen kann. Koreanisches Essen hat schon viel mit Kunst zu tun… Fun!

Here you go: Chocolate Mud Cake mit österreichischem Bier :)
Nachmittags kaufen wir einen fetten „Chocolate Mud Cake“, einfach weil ich finde, dass der Name sehr witzig ist und ich mir nicht so richtig was darunter vorstellen kann. Wir klauen Plastikbesteck bei Burger King und setzen uns an den Hafen in die Sonne…. Ach, herrlich! Was braucht man mehr? Ok, der Hafen ist nicht der romantischste Ort, an dem ich je war, aber sehr spannend, und außerdem brauche ich keinen romantischen Ort, um Chocolate Mud Cake zu genießen :) Sehr lecker! Kann ich nur empfehlen…




...mit chocolatemudcakeverschmiertem Grinsemund am Hafen...



















Und wer nur nach einer kurzen Zusammenfassung gesucht hat: Mir geht es bestens! Ich genieße, lebe, erlebe, arbeite, staune, freue mich, feire, spiele, lache, weine, rede, höre zu, lerne, erfahre, strahle, singe – kurzum, I am „seriously happy“! Cheers to good old Germany (…… and Japan, USA, Ireland or whereever you are – contact me if I forgot you! *g*)

Welcome to my world ;)

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