'Hanami'
bezeichnet ganz allgemein das japanische Kirschblütenfest. Sei es nun in Form
von picknick-artigem Zusammensitzen, Essen, Trinken und Grillen unter den
Kirschbäumen zum Beispiel am Flussufer oder in Parks, oder mehr „organisierte“
Hanamis in Parks und Schreinen, wo Zelte (beinahe hätte ich „Bierzelte“
geschrieben ^^), Lampignons, kunterbunte dampfende Essensstände, rote Schirme
und massenweise Tatamis die Szenerie dominieren.
Sobald
die Kirschblüten, die „heiligen“ Sakura, in voller Pracht stehen, findet man
überall unter ihnen blaue Plastikplanen, die die besten Plätze reservieren. Es
sieht so aus, als würden die Japaner da wirklich Kampfgeist entwickeln, denn
nicht nur Planen, sondern auch „Planenwächter“ reservieren den Platz unterm Kirschbaum
meistens schon den ganzen Tag (und manchmal auch schon den vorherigen Abend.
Das erkennt man vor allem an Schlafsäcken und sonstigen Utensilien, die auf
eine Übernachtung hinweisen). Solche Wächter wären ja nicht nötig, wenn die
sonst übliche japanische Höflichkeit regieren würde....?
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Hanami-Platzreservierer am Ufer des Kamogawa (Fluss) |
Zur japanischen "Höflichkeit" (bin nicht ganz sicher, ob "Höflichkeit" das richtige Wort ist, auch wenn sie zweifelsohne ebenfalls sehr, sehr höflich sind) : Man kann
tatsächlich in vielen Fällen das Fahrrad vorm Shop einfach un-abgeschlossen stehen lassen (wenn
man gut drauf ist, sogar mit der Tasche vorne drin), und niemand rührt es an. Auch
ganz coole Kindersachen, zum Beispiel ferngesteuerte Autos oder pinke
leuchtende Roller stehen manchmal einfach so herrenlos herum – nicht einmal die
Kinder tasten das Eigentum anderer Kinder an! (Das würde in Deutschland nie
funktionieren. I bet.) Vielleicht gilt das aber nicht für blaue Reservierungsplanen
unter Kirschbäumen :)
Die
eher organisierten Hanami-Feste sind voller roter Zelte, in denen man Plätze
mieten kann. Das sind sozusagen kleine Plattformen, wie Bühnen-Bauteile (falls
das jemand kennt), und man kann dann eine bestimmte Quadratmeteranzahl
reservieren. Da werden dann vom Veranstalter hübsch Tatamis draufgelegt plus
ein „Gedeck“ in der Mitte mit einem Grillstein, und die Gruppe versammelt sich
dann um den Grillstein, auf dem „Boden“ sitzend. Sie bringen viel zu essen mit,
aber bestellen auch beim Veranstalter noch mehr.
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In der Mitte sind kleine "Sitztische", wo man nur sitzt und nicht mit den Fuessen drauf geht. Am Rand sind die "richtigen" Tatami-Plaetze, wo Gruppen grillen und feiern koennen. |
Natürlich sitzt man auf den
Tatamis ohne Schuhe. Schuhe muss man ja praktisch überall und ständig ausziehen
;) Eigentlich wirkt es ganz natürlich – Schuhe sind schmutzig, kommen in
Kontakt mit allem Möglichem, und wenn man auf demselben Tatami, auf dem das
Essen steht, auch die Füße hat, sollten die natürlich sauber sein! In
Deutschland hat man manchmal das Gefühl, es ist genau andersherum – wenn jemand
die Schuhe auszieht, rümpfen alle die
Nase… das mag aber auch daran liegen, dass die Fußpflege und Sockenhygiene in
Deutschland sehr viel eher vernachlässigt wird als in Japan. Ich habe an mir
selbst beobachtet, dass ich mir die Füße aufmerksamer wasche und jeden Tag
besonderes Augenmerk auf Optik und Duft meiner Socken lege :D
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Das
erste Mal, als ich den Platz gesehen habe, waren die Kirschblüten noch nicht
ganz offen. Die Zelte etc. liessen aber schon eine bestimmte
„Oktoberfest-Stimmung“ erahnen :) |
Es
gibt gar nicht viel Weiteres zu Hanamis zu sagen – die Fotos sprechen fuer sich! Wir haben einen Festgarten
direkt um die Ecke und sind da ein paarmal hingegangen, weil es sooo schön ist!
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Hammerschoene Atmosphaere |
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impressionistische Fotografie ;) |
So
sieht ein Hanami-Fest aus. Ich finde ja, mit einem LQ-Reiseobjektiv ohne Stativ
lassen sich total impressionistische Effekte erzielen – ein fotografischer
Monet-Effekt sozusagen *g*
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...an zahlreichen "Fress-Staenden" kann man alles nur erdenkliche Exotische kaufen... |
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...unter anderem natuerlich auch japanisches Bier und Sake...
(ok, zugegeben, die Dose halte ich nur fuers Foto ^^) |
Die
Stimmung ist echt wundervoll. Alle sind fröhlich, freundlich und in Festlaune,
aber alle sind trotzdem höflich, respektvoll und ruhig. „Keiner ist betrunken“
entspricht wahrscheinlich nicht der Wahrheit, aber niemand ist laut, grölt,
pöbelt oder fängt an irgendeinen Scheiß zu machen. In den Gruppen (ich glaube,
insbesondere den „Arbeitskollegenkreisen“) halten Leute Reden und dann
klatschen alle, und natürlich hört man oft mal gemeinschaftliches Lachen. Aber
insgesamt ist alles friedlicher, gesitteter. Keiner schubst, keiner drängelt,
alle genießen einfach friedlich die tolle Atmosphäre. Die vielen Lampignons und
stimmungsvollen Lichter kreieren eine richtige Märchenatmosphäre, insbesondere
weil der ganze „Kirschblütenhimmel“, der sich über dem Fest erstreckt, von
unten angeleuchtet wird und einen tollen Kontrast zum schwarzen Nachthimmel
bildet. Dazu das viele Rot, die Schirme, Laternen mit japanischen
Schriftzeichen bzw. Blüten drauf, der Dampf, der aus den Essensständen
aufsteigt – optisch sieht das einfach genial aus.
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Lampignons, Sakura, Vollmond |
Rein
geruchstechnisch ist es, insbesondere für meine Nase, auch ein Erlebnis.
Überall werden Fleisch-und Fischstücke gegrillt (insbesondere die Fischstücke
erweisen sich als äußerst vielfältig und oft auch äußerst viel-beinig oder
–armig). An den Essensständen gibt es so viele Sachen, die ich noch nie gesehen
geschweige denn gerochen habe, und ich würde mich am liebsten durch alle
durchprobieren! (Okay, nicht alle.) Zunächst fand ich insbesondere den markanten
Geruch nach herb-rauchigem gegrilltem Tintenfisch seeehr gewöhnungsbedürftig,
aber inzwischen mag ich ihn total gern. Er gehört zu diesen Festen irgendwie
dazu. Also der Geruch. Den Tintenfisch selber (am Spieß, übrigens) würde ich
Laszlo ja andrehen wollen, aber er hat irgendwie nicht dieselbe Begeisterung
wie ich, wenn es ums Ausprobieren neuer Geschmäcker und Essensformen geht. Versteh
ich gar nicht :D Ich finde jeden Reisball, jedes geräucherte Wurzelstück,
insbesondere auch die viiiiielen Varianten von exotischen Süßigkeiten total
spannend! Auch wenn wir Sushi essen, übrigens – für mich kommen ja nur ungefähr
3 von 200 Variationen in Frage, daher versuche ich ständig, Laszlo dazu zu
überreden, die abenteuerlichen Kreationen mit den vielen Augen und Beinen zu probieren
– hehe… (anschließend hänge ich fasziniert und gespannt an seinen Lippen: „Und?
Und? Wie schmeckt’s?“ – „Nach Fisch.“ – „Okaaay, geht’s genauer?“ – „Probier’s halt, dann weißt du’s.“ ehehehe.)
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Englische Beschreibung (die ganz und gar nicht selbstverstaendlich ist):
"Glutinous Rice in Sweet Soy Sauce". Die klebrigen Kugeln wurden noch mit
irgendeinem Pulver paniert - ganz lecker :) |
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Wurzel (?) vom Grill mit einer leichten Sojasauce drueber, auch lecker! |
Neben
dem Hanami-Festplatz ist noch ein kleiner Sakura-Garten, durch den man spazieren kann, nachdem man sich den Bauch vollgeschlagen hat; voller kleiner
Laternen, die von Kindern bemalt und gebastelt wurden, so süß! Das vorgegebene
Thema war offensichtlich „Hanami“, denn alle malten das orangene Tor des
Schreins, Kirschbäume oder –blüten, fröhliche feiernde Menschen usw. ^^ Am
hinteren Zaun des Gartens ist noch eine Lampignonparade angebracht, und wenn
man da durchschlendert, fühlt man sich wirklich wie in einem Feenland. Die
Kirschblüten sind so märchenhaft, dazu das atmosphärische Licht, das wie immer
saftiggrüne Moos und die filigranen Wurzeln, Farne und Äste…
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Eingang zum Feenland |
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so beautiful... |
Wenn
man die Natur in Japan genau beobachtet, dann kann man vieles besser
nachvollziehen, das in Japan so süß, so filigran, so rosa und – aus
europäischer Sicht – oft „kitschig“ ist. Das Land und die Umgebung an sich
zaubern einfach schon die passende Atmosphäre für juwelenbesetzte
Prinzessinnen, rosaweiche Kätzchen und zuckersüße Kleinigkeiten, für unendlich
reiche, überschäumende Schönheit … und für einen baldigen Tod nach sehr kurzem
Leben. Die Kirschblüten erwartet dieses Schicksal nach grade mal 2 Wochen, und
viele Samuraikämpfer, Krieger etc. haben sich an ihnen ein Vorbild genommen.
Blühe in intensiver Schönheit, hinterlasse bleibenden Eindruck und stirb dann
relativ schnell.
Aber
noch blühen sie ja, und der Hype ist ungebrochen. Ich bin ja echt ein großer
Naturliebhaber, aber wie die Japaner für ihre „Sakura“ abgehen, das muss man, finde ich, erlebt haben. <3
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