Donnerstag, 4. April 2013

Brisbane - Australian City Ranking Platz 1



Morgens genießen wir noch einmal das fantastische Frühstücksbuffet im Hotel. Dafür muss man sich schon mindestens eine Stunde Zeit nehmen… aber so viel, wie man da gerne essen würde, passt sowieso nicht rein ;)
Mein nächster helpx-Platz ist ein Pferde-Zentrum in Cabarita, close to Byron Bay; oder, genau genommen, relativ mittig wischen Byron Bay und Gold Coast. Ganz neu auf helpx (was, wie bereits mehrfach erläutert, meistens eher gut ist), und sie haben mich angeschrieben, weil ihnen mein Profil gefiel (was keine Seltenheit ist, ich bekomme Milliooooonen von Anfragen; aber diese klang recht prima!). Karen, die Dame, mit der ich in Kontakt bin, wird mich am Sunshine Coast Airport abholen; genau dort, wo Rebecca oder Alex mich wieder abliefern sollen. Eigentlich perfekt geplant.


Aber wie das so ist im Leben, manchmal (meistens?) gibt’s spontane Planänderungen – bevor ich nach dem Frühstück meinen Laptop zuklappe und als letztes Packstück in meinen Rucksack stopfe, erhalte ich noch eine Email von Karen, Wortlaut etwa der: „Wir schaffen es nicht zum Sunshine Coast Airport, reise doch bitte nach Brisbane, wir haben Zimmer gebucht im Riverside Hotel, Southbank. Wir kommen dorthin, so bald wir können.“ – Ähm ja, gut… Glücklicherweise lässt sich alles hervorragend regeln, ganz ohne Panik; Rebecca fährt Jill und Ronan sowieso nach Brisbane an den Flughafen, dort werden die beiden von ihrem Sohn abgeholt, und tada, ihr Sohn wird mich ebenfalls abholen und direkt zu meinem Hotel fahren. Ist das Service, oder was? :) Manchmal ist so ein bisschen Dankbarkeit gegenüber der Fügung durchaus angebracht.

So stehe ich also, gänzlich unerwartet, bereits gegen zehn an der Rezeption des Riverside Hotels in Brisbane, Southbank. Sieht ganz okay aus, das Hotel.... mit Pool und schönem Empfangsbereich. Der Portier ist leider vollkommen nutzlos, aber ich kann ihn dazu bewegen, meine Rucksäcke in Verwahrung zu nehmen und mir zu erklären, wo ich bin und wo ich hin kann, bis ich um zwei einchecken darf. Er gibt mir eine Karte und ich marschiere los. Ich muss zugeben, ich bin total geflasht, plötzlich bin ich in Brisbane, schlafe wieder in einem Hotel, und, äh, ja – ich bin in Brisbane.


 Und da gibt es einen Fluss, dessen Namen ich nicht kenne, aber er ist leicht zu erraten (kann ich ja jetzt, nachdem ich ihn gegoogelt habe, behaupten): Brisbane River. Spacige Brücken, und auf der gegenüberliegenden Uferseite quetschen sich Hochhäuser zu einer hübschen Skyline zusammen. Es sieht so aus, als wäre zwischen den Häusern kein Platz mehr für Straßen, denn die sind im Achterbahn-Flair über den Fluss gebaut, in gebogenen, schlängeligen Straßen bzw. Brücken, oder Brückenbahnen. Sieht spacig aus! Alles ist irgendwie wellig, und spacig, und leicht überdimensioniert, und die ersten paar Minuten, die ich am Flussufer entlanglaufe, komme ich mir vor, als wäre ich auf einem anderen Planeten platziert worden. (Das liegt aber sicher auch daran, dass mein Plan völlig zunichte gemacht wurde – Pläne sind doch so wichtig und unverrückbar! *g*) Ich sehe nur Palmen, Riesenräder, Hochhäuser, krumme Straßen, wellige Brücken und viel Wasser…
Space-Straßen überm Brisbane River

…und dann werde ich vollkommen überrascht: Ich stoße auf ein vollkommen un-australisches Tempelgebäude, das da einfach so am Flussufer steht!? Ich bin sofort und unerklärlicherweise vollkommen fasziniert. Neugierig marschiere ich hinein und erfahre, dass hier in Brisbane, Southbank, 1988 die World Expo stattgefunden hat und man dafür diesen Tempel nachgebaut hat. 80 Tonnen Holz wurden aus Nepal eingeschifft, die über mehrere Jahre von über hundert Familien mit Ornamenten beschnitzt und beschmückt wurden. Die Pagode ist gebaut nach dem Vorbild des heiligen Pashupatinath Tempels in Kathmandu, in den nur Auserwählte Zutritt haben. Cool. Ich sitze eine Weile innerhalb der Pagode und lasse die unerklärliche, starke Energie des dunklen Holzes auf mich wirken. 

 
Nepal Peace Padoga

Ok, weiter geht’s; ich erkunde nach und nach das ganze Southbank District und bin total überrascht und geplättet – was für ein attraktives, hübsches Fleckchen Stadt! Herrliche Parkanlagen mit „Rainforest Walks“, Wiesen, Sitzgelegenheiten, wunderschönen Pflanzen und künstlichen Flüsschen und Teichen und Grotten mit Wasserfällen, massig Kinderspielplätze, gut besuchte Grill-Stationen, wo fröhliche asiatische und indische Gruppen feiern, und sogar eine öffentliche Badeanlage, die super ist! Besser als die meisten Freibäder, mit drei Becken und Wasserspielen und so, und einfach so mitten in der Stadt; man läuft dran vorbei, wenn man zum Shopping marschiert oder zur Uni, und kann einfach kurz die Schuhe ausziehen und durchs seichte Wasser waten.

öffentliche Pool-Landschaft

City-Beach (mit Brisbane River im Hintergrund)

Die Leute sind entspannt, fröhlich, und überraschend multikulturell. Klar, auch hier Asiaten, aber auch viele andere Kulturen, viele Inder, viele Maoris (zumindest sehen sie so aus), viele Touristen. Schon nach sehr kurzer Zeit muss ich mir eingestehen: Ich liebe es! Die Leute sind happy, sozial, nutzen die zahlreichen super Angebote, die ihnen kostenlos zur Verfügung stehen, freuen sich, feiern, genießen. Viele Straßenkünstler sind unterwegs, die die Leute unterhalten, und es gibt einen Markt, ooooooh! Total toll. Herrliche Gerüche wabern durch die Straßen, von heißem Mais und Zimtgebäck und internationalem Zeugs.

In einem offenen kleinen Stadium übt eine Gruppe Jugendlicher sehr ehrgeizig irgendein Tanzprojekt ein, Street Dance, und ich setze mich auf die Stufen und schaue eine Weile zu (die Kids sind nachmittags noch da, und am nächsten Tag wieder! Es muss also ein ziemlich großes Projekt sein!). 
 
Street Dance Practising
Southbank is alive! Pulsating, breathing, celebrating. Ganz ehrlich: Brisbane ist meine bisherige absolute australische Lieblingsstadt! Es gibt ganz viele hübsche Straßencafés, meistens mit Flussblick, und überall latschen riesige weiße schlucksige Vögel rum, die keinerlei Respekt vor Menschen zu haben scheinen. Ich finde sie cool. 

Schlucks-Vögel auf Café-Tischen
Um eins werde ich sooo müde, dass ich einfach nur noch schlafen will (Ortswechseln macht mich immer müde, und sei es nur von Noosa nach Brisbane!) Ich würde gerne im Hotel einchecken und einfach schlafen, vielleicht ja um zwei dann; vorerst setze ich mich in den nepalesischen Friedenstempel und tu so, als würde ich mit geschlossenen Augen meditieren. Mir egal, dass ständig Touristen rein- und rauslaufen. Nach kurzer Zeit bin ich restlos eingenickt; ich würde gerne wissen, auf wie vielen Touristenfotos jetzt eine „meditierende“ Kathi zu sehen ist, hahaha :D Etwas später wache ich auf (klick-klick-klick; es gibt also auch Touristenfotos von einer aufwachenden Kathi) und wechsle den Schlafplatz, die hölzerne Bank ist auf Dauer doch ungemütlich. Ich schlurfe auf eine der Wiesen mit Sitzgelegenheit und schlafe dort weiter. Geweckt werde ich, weil ein Typ neben mir sitzt. Mit Gitarre. Oha! Ich freue mich vor allem über die Gitarre. Bald kommt ein weiterer Typ mit Gitarre, er hat sogar dasselbe T-Shirt. Ich freue mich immer noch über die Gitarren. Als aber nach und nach immer mehr Menschen imselben T-Shirt einlaufen und eine weitere Lady mit Gitarre, komme ich doch mal auf die Idee, die T-Shirt-Aufschrift zu lesen. Ich bin von einer kirchlichen Glaubensgruppe umringt! Oha! Bevor sie dann aber anfangen zu lobpreisen, mache ich mich vom Acker in Richtung Hotel. Ich würde einfach nur gerne einchecken und schlafen; der nutzlose Portier kann mir aber leider nicht helfen, und als ich ihn frage, ob es eine Möglichkeit gibt zu telefonieren, um zu erfahren wann Karen kommt, zuckt er nur die Achseln. So, du nutzloser Portier, jetzt bist du in meinem Blog als solcher verewigt. Klitzekleine, ebenfalls nutzlose Genugtuung meinerseits :P 

Zum Glück fährt nur wenige Minuten später ein Nissan Geländewagen vor die Rezeption, yeah – Karen & kids arrived! Ich lerne Karen kennen, eine etwas überdimensionale Dame, die man sich auf Percherons (Kaltblutrasse, die sie züchtet) gut vorstellen kann. Ich lerne Wayne kennen, Karens Ehemann, der kein Wort mit mir spricht. Ich lerne Natascha kennen, das 21jährige „Austauschkind“ aus den Niederlanden, die jetzt schon fünf Monate bei der Familie wohnt. Und ich lerne Alice kennen. Alice ist Karens und Waynes jüngere Tochter (die ältere ist bereits ausgezogen). Alice ist 19 und schwerbehindert; sie sitzt im Rollstuhl, wird durch eine Magensonde ernährt, trägt Windeln, sabbert und gibt (manchmal recht hochfrequente) Kreischlaute von sich. Wayne, Karen und Alice teilen sich einen Raum und Natascha und ich. Natascha hat eine erfolgreiche Voltigierkarriere in den Niederlanden hinter sich, der Grund, warum sie bei Karen gelandet ist; Karen züchtet Percherons für Showauftritte, d.h. Voltigieren, Trickreiten, Freiheitsdressur und „Roman Riding“ (in Deutschland nennen wir das Ungarische Post, ich weiß nicht, wieso die Australier das den Ungarn aberkennen; sind die Römer wirklich auch so geritten?).


Nun ja. Ich habe kurz Zeit, die Hoteldusche zu testen (kalt bitte sehr, um etwas aufzuwachen!), dann ziehen wir wieder los. Nix mit Schlafen. Wir schauen uns alles nochmal an, was ich morgens schon bestaunt habe, nur oberflächlicher ;) Interessant zu sehen, wie andere Menschen dieselben Dinge komplett anders (oder gar nicht) wahrnehmen. Der wundervolle Nepal-Tempel interessiert zum Beispiel keinen, dafür wollen Karen und Natascha sofort Riesenrad fahren. Also fahren wir Riesenrad. Alice kreischt und freut sich, und Karen drückt statt dem Klimaknopf den Notfallknopf. Jap. Das ist eine ziemlich gute Einstimmung auf das, was mich erwartet. Auf dem Markt bekomme ich dann einen 50-Dollar-Schein in die Hand gedrückt „See what you want to eat“ – äh, cool! Danke :D

Dann fahren wir mit der Fähre auf dem Brisbane River. Auch ziemlich cool in Brisbane, es gibt eine kostenfreie Fähre, den „City Hopper“, der die wichtigen Stadtteile um den Fluss verbindet. Ich finde das sehr schön und es gibt der Stadt einen tollen Charakter, dass alles so um den Fluss angesiedelt ist. 

Brisbane City Hopper
Wir gondeln also „irgendwohin“ (ich dachte, Karen und Wayne kennen sich aus) und suchen dort nach „Essbarem“, was aber leider scheitert, weil wir halt eben „irgendwo“ sind und es da nichts „Essbares“ gibt, nur teure Hotels und ein Restaurant, wo eine Hochzeit stattfindet. Es wird gerade dunkel, alle Lichter gehen an, und ich werde nie die zauberhafte Szene vergessen, wie der Hafen mit den Segelbooten im Dunkeln zu leuchten beginnt. Oh mein Gott, sowas Wunderschönes, Romantisches, und die Braut und der Bräutigam stehen am Ufer, ziemlich genau an der Fähren-Haltestelle, wo wir warten, und machen Fotoshooting. Leider habe ich meine Kamera im Hotel gelassen, so kann ich diese wundervollen Bilder leider nicht mit euch teilen, aber sie bleiben in meinem Kopf, forever. Man könnte meinen, wir sind mit Absicht hier gelandet, an diesem Fähren-Anlegepunkt "irgendwo", wo nichts "Essbares" ist, dafür aber diese herrliche Szene. Ausnahmsweise bin ich übrigens auch mal perfekt angezogen, nicht zu warm und nicht zu kalt. Der Abend ist herrlich schön, und jemand hat einen Dudelsackspieler für das Brautpaar engagiert, der zum Wasser heruntergelaufen kommt und die Atmosphäre einfach noch schöner macht. Die Braut ist leider unheimlich gestresst und scheint alles überhaupt kein bisschen genießen zu können; ich dafür umso mehr! Als wir dann auf die Fähre kraxeln, klettere ich gleich hoch aufs Deck. Brisbane bei Nacht vom Fluss aus. Definitiv einer meiner sehr epischen Australien-Momente. Ohne Foto, natürlich. Aber wirklich, wirklich atemberaubend schön. Alles beleuchtet, in bunten Farben, blaue Bäume, rosa Gebäude, weißstrahlende Brücken, tausend Lichter, und alles spiegelt sich im Fluss wieder. Sooo schön. Ich suche ein Bild aus dem Internet für euch.

Brisbane at night (Copyright: somebody else)
So war’s, nur noch viel schöner.

Wir legen an einer Uferpromenade an, wo sehr viele sehr teure und sehr volle Restaurants in den schönsten Lampignonfarben leuchten. Es dauert eine Weile, bis wir einen Platz bekommen (Samstag vor Ostern, und wir haben nicht reserviert). In einem sehr exklusiven Seafood-Restaurant, nu ja, mir soll’s recht sein, ich komme ja grade von einer Luxus-Reittour ;) Karen und Natascha sind leicht peinlich, sodass der Kellner schließlich ziemlich angenervt von unserem Tisch ist… aber das Essen ist erste Sahne, ich genieße und würde am liebsten meinen Teller ablecken ;) Meine drei Tischkollegen lassen jeweils den größten Teil ihres viel teureren Essens einfach zurückgehen; sie ziehen Pommes dem fein gekochten Gemüse vor. Welcome to a new world, Kathi. Again.

Dann Rückfahrt auf dem Fährendeck bei Nacht. Aaaahhh…

Anschließend Schlafen im Hotelzimmer mit einer mir völlig fremden Niederländerin ;) (Twin, wohlgemerkt!) Ist aber total egal, ich bin so müde, dass ich schlafe wie ein Stein.

Am nächsten Morgen wollen wir eigentlich zum (großen) Markt in Brisbane, aber der findet dieses Wochenende nicht statt. Tja, Pech. Und für mich auch nicht so wichtig; wir essen ein wunderbares Frühstück am Fluss in einer unheimlich schönen Frühstücksbar (Bircher Müsli mit Apfel und Erdbeere, lalalalaaaaaaa) und schlendern dann eben nochmal über den kleinen Markt auf der Southbank-Seite. 
 
Brisbane, kleiner Markt ;)
 Mir wird zum ersten Mal in meinem Leben bewusst, dass Städte voll sind mit Treppen. Alles ist voller Treppen! Wayne ist sehr routiniert, aber für mich ist es gänzlich neu, ständig nach dem Rollstuhlfahrer-Zeichen, dem Aufzug, der Rampe zu suchen. Einblick in ein ganz anderes Leben. Mit Rollstuhl. Ich weiß, es mag makaber klingen, aber ich bin so, so dankbar, dass ich das auf diese Art kennen lerne und nicht direkt „am eigenen Leib“ erfahre. Mein Bewusstsein ist geschärft – ich sehe, dass diese Dinge existieren, und ich werde ausführlich Zeit haben, den Alltag mit einem schwerbehinderten Kind kennenzulernen und zu erfahren, wie das Leben (auch) sein kann. An dieser Stelle möchte ich ganz kurz eine großzügige Brise Dankbarkeit unter meinen Blog-Lesern verstreuen: Wir können wirklich dankbar sein, für jeden Tag, an dem wir atmen, fühlen, stehen, gehen, lachen, denken, essen, auf Toilette gehen, mit Freunden lachen, und wir können ebenso dankbar sein für die Gesundheit eines jeden Menschen, den wir lieb haben.


So, genug davon ;)

Das war mein Brisbane-Abenteuer. Ich kann Brisbane, insbesondere mit Nacht, wirklich nur empfehlen. Tolle Stadt, tolles Feeling, toller Nepal-Tempel mit Schlafmöglichkeit ;)

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