Nach vier Tagen auf Etusis mit Lotte ist die schöne Zeit
leider schon vorbei… ich habe es sehr genossen, den ganzen Komfort der Lodge
inklusive Swimmingpool, lecker Essen, hausgemachter Milch und Sahne,
klimatisiertem Schlafzimmer (!), süßen Ponys und guter Gesellschaft… am Tag meiner
Abreise fährt Lotte mich nach Karibib, von dort fahre ich mit dem Shuttle
zurück nach Windhoek zu Chameleon Backpackers, wo Kris und Karlene (die Aussies
;) ) schon auf mich warten. Lustiger Weise brauche ich fünf Minuten, bis ich
das Gefühl habe, wieder Englisch zu verstehen – ich habe, außer wenn ich mit
Lizzy sprach, fast 2 Wochen lang Deutsch gesprochen!
Das Backpackers ist sehr
hübsch und freundlich und kann absolut empfohlen werden. Ich habe einen Dorm
Room gebucht, wo ich allerdings nur schlafen werde – die restliche Zeit kann
man an der Bar, am Pool, in einer gemütlichen Sofaecke oder bei Chris und
Karlene in ihrem „Luxuszimmer“ mit Outdoordusche verbringen. Wir gehen
gemeinsam nach Windhoek, um Besorgungen zu machen, und ich schaffe es tatsächlich
mir neue Turnschuhe zu kaufen *Highlight des Tages* (das ist nicht so einfach
in Afrika, wenn man Schuhgröße 42 – für Laufschuhe eher 42,5 – hat, aber
trotzdem gerne den Damenschnitt möchte, weil man aus dem Herrenschnitt hinten
rausrutscht… offenbar haben die Frauen in Afrika nicht solche Riesenlatschen
wie ich). Abends gehen wir noch einmal herrlich indisch essen (es kommt mir vor
wie die Abschiedsfeier vom zivilisierten Leben), dann verbringe ich meine erste
Nacht ever im Dorm Room (der deutsche Bub ist ein Schlafwandler und amüsiert
mich köstlich, während die junge Dame im oberen Stockbett schnarcht wie ein
Walross) und am nächsten Morgen starten wir früh, um den Bus/Shuttle zurück
nach Karasburg zu catchen.
Ich weiß nicht, ob ich grade die Geduld habe, vom Bus nach
Karasburg zu erzählen, aber es würde sich für euch lohnen. Von Karasburg nach
Windhoek sind wir ja mit dem klimatisierten und bequemen Sleepliner gefahren –
nun, retour fahren wir mit dem lokalen Shuttle, das Chris und Karlene ausfindig
gemacht haben. Es ist billiger und wir sind die einzigen Weißen, und ich weiß
auch warum. Oh, ich merke schon, dass meine Geduld für einen Fließtext nicht
ausreicht. Ich schreibe euch Stichpunkte. Wehe, ihr lest sie nicht. Ich denke,
sie werden euch ein gutes Gefühl für Afrika geben.
1.
Aus dem Pickup um 6.20 Uhr wird 7.30 Uhr.
2.
Wir
fahren genau 10 Minuten bis zur „Bussammelstelle“, wo außer uns kein einziger
Weißer ist und wo wir erst den Bus wechseln und dann noch einmal 30 Minuten
warten (worauf? Keine Ahnung, ehrlich gesagt… die Busbetreiber sind sich ihrer
Verspätung offenbar bewusst, aber Hakuna Matata)
3.
Der Busfahrer wirft endlich den Motor an.
4.
Dann kauft er bei einem vorbeigehenden
Zeitungsjungen die Namibische Zeitung und fängt an zu lesen. Ich wusste vorher
nicht, dass das nur bei laufendem Motor möglich ist.
5.
Nach weiteren 15 Minuten (bei laufendem Motor)
kommt ein dicker Schwarzer in den Bus, der offensichtlich der Boss ist. Er
sammelt von allen das Geld ein (Chris de Burgh „Don’t Pay the Ferryman until he
gets you to the other side…“ drängt sich hartnäckig in mein Bewusstsein).
Die ältere Dame neben mir hat die Scheine, mit der sie ihre Reise bezahlt, in Zeitungspapier gewickelt und das Zeitungspapier in eine Plastiktüte.
Die ältere Dame neben mir hat die Scheine, mit der sie ihre Reise bezahlt, in Zeitungspapier gewickelt und das Zeitungspapier in eine Plastiktüte.
6.
Dann erklärt Boss dem zierlichen Fahrer, welche
Nummer er anrufen soll, wenn er beim Roadblock* in Schwierigkeiten gerät.
*ein Roadblock ist eine Straßensperre, an der drei bis vier dicke, unheimlich wichtig aussehende und uniformierte Schwarze auf Stühlen im Schatten sitzen. Normalerweise sieht man ihnen förmlich an, wie sehr sie ihre Macht über Leben und Tod genießen. Bisher habe ich (zum Glück!) nur erlebt, wie sie nach genauem Mustern des Autos/Shuttles (das am Roadblock anhalten muss) den Fahrer mit caesarischer Anmut und Barmherzigkeit durchwinken.
*ein Roadblock ist eine Straßensperre, an der drei bis vier dicke, unheimlich wichtig aussehende und uniformierte Schwarze auf Stühlen im Schatten sitzen. Normalerweise sieht man ihnen förmlich an, wie sehr sie ihre Macht über Leben und Tod genießen. Bisher habe ich (zum Glück!) nur erlebt, wie sie nach genauem Mustern des Autos/Shuttles (das am Roadblock anhalten muss) den Fahrer mit caesarischer Anmut und Barmherzigkeit durchwinken.
7.
Dann positioniert sich der Boss mit gefüllten
Taschen zwischen allen Passagieren und sagt: „Let’s pray.“ Es ist ein langes
Gebet.
8.
Endlich geht die Fahrt los. Ich ziehe meine
Schuhe aus und mache es mir für die kommenden acht Stunden bequem.
9.
Nach zehn Minuten halten wir an einer
Tankstelle. Ich ziehe meine Schuhe wieder an.
10.
Im Laufe der Fahrt verliere ich das Interesse an
unseren Stopps. Wir stoppen oft. Ein- oder zweimal sind es, glaube ich,
vereinbarte Pickups.
11.
Dreimal ist es eine offizielle Tankstellenpause,
wo man sich mit Wasser und ungesunder Nervennahrung eindecken kann.
12.
Mindestens fünfmal sind es winkende Schwarze am
Straßenrand, und von denen nehmen wir zwei mit (die anderen drei werden nach
halbstündigen Verhandlungen, an denen sich oftmals alle Passagiere im Bus
lebhaft beteiligen, stehen gelassen. Ich weiß nicht, wie sicher ich es finde,
wenn ein Bus für jeden winkenden Kerl am Straßenrand anhält.).
13.
Einmal ist es eine siebzigjährige Mamma, die dem
Fahrer ein in Zeitungspapier eingewickeltes Paket übergibt (um zu ihrem Dorf zu
gelangen, haben wir einen ungefähr zehnminütigen Umweg von der Hauptstraße
gemacht).
14.
Einmal würgt der Fahrer den Motor ab (glaube ich
zumindest. Es gab keinen (für mich) ersichtlichen Grund, an dieser Stelle
anzuhalten).
15.
Einmal vergisst der Fahrer nach der
Tankstellenpause einen Passagier („Where is Elias?“) und muss umkehren, um ihn
wieder einzusammeln.
16.
Es ist heiß. Ich sitze auf der Sonnenseite. Der
Bus ist (surprise!) nicht klimatisiert. Also ist das Fenster offen. Ich bedecke
mich mit einem Tuch, um nicht zu verbrennen.
17.
Während der letzten zwei Stunden lasse ich mich
zum Knabbern von Chips hinreißen. Danke Karlene. Chips haben also doch ihre Daseinsberechtigung.
:D
18.
Wir kommen in Karasburg an (ich schaue nicht auf
die Uhr).
Red holt uns mit dem Backie ab. Wir füllen alle Tanks und Benzinkanister auf und gehen shoppen, im einzigen Spar im Ort, der eine deutlich bessere Auswahl hat als Karlene und Kris vorhergesagt hatten. Ich kaufe sogar Orangen (yumyumyumyumyuuuuuum!!!).
Nur damit ihr einen Eindruck bekommt von Karasburg. |
Karasburg-Einwohner |
Ich würde niemals alleine nach
Karasburg gehen. Mit ziemlicher Sicherheit würde ich das nicht überleben. Ich
bin froh, dass Kris behauptet, ich sei seine Ehefrau (und Karlene auch – da
machen sie aber große Augen, die seltsamen Bewohner Karasburgs!).
Stachelschweinstacheln und eine gehörige Portion Ignoranz, selbst wenn ein
stinkender Mund mit schiefen Zähnen nur zwei Zentimeter von deinem Gesicht
entfernt kontinuierlich „You’re beautiful! You’re so beautiful!“ lallt. Und
wieder einmal haben zahlreiche Personen gelernt, dass ich nicht „Hello!“ heiße.
Auch nicht laut-„hello!“.
Als ich auf der Ladefläche des
Backies sitze und wir über die holprige Sandstraße zur Farm brausen, bin ich
ziemlich groggy. Die Sonne geht unter und taucht den langen Doppelschweif aus
Staub, den das Auto hinter sich herzieht, in goldenes Licht. Wir lassen die
letzten „Häuser“ hinter uns und als nach anderthalb Stunden Fahrt die Räder des
Landies anfangen auf große Felsen zu knallen, weiß ich, dass wir wieder „zu
Hause“ sind... hallo sandkorngroße, kleine, mittlere und riesige Steine, schön
dass ihr auf mich gewartet habt :D
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen