Seit dem letzten Blogeintrag gibt es zumindest eine massive
Veränderung zu vermelden: Wir wohnen nicht mehr zu zweit im Outpost-Haus,
sondern zu viert! Red und Andrea, die zwei Monate Urlaub auf den Phillippinen
gemacht haben, sind zurück in ihrem Zuhause/unserem Outpost-Häuschen. Die
beiden sind ursprünglich aus England und von Pete und Estelle angestellt
worden, um hier draußen ein Volunteer-Projekt zu starten, damit das Land („die
Farm“) irgendwie genutzt und finanziert werden kann. Dazu müssen sie jetzt
ordentlich Marketing machen, das Camp und das Programm aufbauen und natürlich
„Freiwillige“ finden, die bereit sind, einen Batzen Geld zu zahlen, um hier
draußen fünf Wochen am Stück bespaßt zu werden. Irgendetwas muss man mit dem
Land hier machen, und ganz so larifari-einfach ist das nicht. Die endlose Weite
schreit geradezu nach Wildtieren, aber wenn man Geparde oder Leoparde zur
Regulierung des Antilopenbestandes einführen würde, würde schnell klar werden,
dass die Weite eben doch nicht endlos ist und an ihren schwach umzäunten
Rändern an Nachbar(vieh-)farmen anknüpft…
Red und Andrea wollen auch die Pferde
für ihr Volunteerprogramm benutzen, und die Tatsache konfrontiert mich (mal
wieder) mit meinem ausgeprägten Beschützerinstinkt für „meine“ liebe- und
mühevoll eingerittenen und versorgten Pferde… und wieder mal renne ich gegen
dieselbe (harte) Wand in meiner Arbeit mit Pferden… ich will nur einfach nicht,
dass ihnen wehgetan wird, was so oft und so leicht in dieser Welt passiert,
insbesondere durch Menschen, die nicht so viel von Pferden verstehen, aber
glauben, das sei alles ganz einfach und offensichtlich („man zieht rechts, um
nach rechts zu reiten, und links, um nach links zu reiten, und an beiden Zügeln,
wenn man langsamer reiten will… ach ja, und man kickt, wenn man schneller
reiten will… ach so, Sättel müssen passen? …und Pferde brauchen Futter wenn sie
arbeiten?“)…. und die Pferde hier sind schon was ganz Besonderes. Erstens sind
sie hart wie Krummstahl, um in dieser Halbwüstengegend überleben zu können;
zweitens sind die meisten aber auch von ihnen von geradezu lämmchenartigem
Gemüt (Nooitgedacht-Pferde) und das macht sie leicht verletzbar. Ich merke
schon jetzt beim Training, dass wir in ein sehr sensibles Balancesystem
eingreifen, das die Pferde entwickelt haben, um in diesem Terrain zu überleben.
Viel mehr als jedes „normale“ Pferd stellen diese Pferde alles, was man ihnen
beibringt, in Frage – nicht dass sie harte Geschütze auffahren, aber wenn man
ihnen zuhört, dann versteht man ganz genau, warum sie manches, was wir mit
ihnen machen, anzweifeln. Ihre Überlebensstrategie ist es, in der Sicherheit
ihrer Herde gemeinsam nach Futterstellen zu suchen; in der Hitze des Tages so
wenig Energie wie möglich durch Bewegung zu verschwenden; ihre sozialen
Hierarchien zu pflegen und Acht aufeinander zu geben; ihren Körper, der
letztlich ihr größtes Überlebenskapital ist, so gut wie möglich zu schonen; und
am liebsten einfach nur in Frieden, in der Herde, im Schatten, mit Zugriff auf
Futter und Wasser zu sein. All das, was für die meisten Pferde in Deutschland
selbstverständlich ist, müssen diese Pferde sich hart erarbeiten, und
gesundheitlich sind sie auch auf einem ganz anderen (deutlich instabileren)
Level.
Meine große Liebe Sirius, von dem ich so viel lerne |
Da fragt man sich schon manchmal genau das, was die Pferde einen fragen:
„Was machen wir hier eigentlich? Wozu soll das gut sein?“ Ich habe Tage, wo ich
die Pferde einfach nur in Ruhe lassen will, bzw. sie füttern, pflegen und mit
ihnen Zeit verbringen möchte, aber nicht trainieren und vom Rest der Herde
wegreiten, womöglich noch über anstrengenden Boden (Beine und Hufe schonen!)
und dabei unvermeidlichen Energieverlust herbeiführen… diese Pferde hier sind
wunderbare, weise Seelen, einige von ihnen haben über die letzten Jahre Fohlen
verloren (Unterernährung…), und ich bin so gerne in ihrer Gesellschaft und
schaue ihrer Herdendynamik, ihrer Kommunikation untereinander zu.
Ich bin gespannt, was aus ihnen werden wird.
Sunset Romance |
Manchmal bekommen wir Besuch von Ben, Petes Sohn, ein durch
und durch wunderbares Kerlchen ;), der sich zur Zeit um die ganze Farm kümmert,
weil Pete und Bens süße Schwester Cheri in alle Himmelsrichtungen Afrikas
beruflich ausgeflogen sind. Manchmal bekommen wir auch Besuch von Rudi, der
Maus in unserer Futterkammer; einmal beehrte uns eine wunderschöne, jedoch
hochgiftige Coral Cape Cobra im Badezimmer. Ich habe sie barfüßig entdeckt und
ausgiebig bewundert (close call, that one!), ehe wir sie einfingen und weit weg
vom Haus aussetzten. Red und Andrea haben ziemlich Angst vor Schlangen; seit
sie wieder da sind, müssen alle Türen geschlossen bleiben, was gelegentlich für
einen lieblichen Saunaeffekt sorgt. Ich gebe mir Mühe, keine Angst vor
Schlangen zu haben, aber Respekt habe ich schon. Respekt in jeder Hinsicht; für
die ganze Beschaffenheit ihrer Natur inklusive ihrer Schönheit und ihrer
Eigenschaft, sich bei Gefahr zu verteidigen. In dieser Hinsicht gehen Lizzys
und meine mit Andreas und Red’s Philosophie etwas auseinander. Skorpione werden
erbarmungslos mit Gewichten erschlagen und die Stille* mit dauerlauter Partymusik
aus dem High-Quality-Speaker. (*bzw. ein liebenswürdiger Mix aus: aus dem
weichen Rauschen des Windes und der dürren Büsche, dem schrillen Gesang der
Wüstengrillen, dem Zwitschern der Vögel, dem Knacken des Daches in der Hitze
und gelegentlichem Klappern, wenn der Wind mit irgendetwas spielt.) Gras haben
sie zwar (noch) keines, sind aber dabei, sich welches zu besorgen, damit sie
sich abends am Lagerfeuer endlich nicht nur besaufen, sondern auch bekiffen
können. :D Es ist ein großer Spaß - wir sortieren uns schon aus und ich gebe
mir Mühe, nicht so alt und prüde zu sein. Manchmal komme ich mir allerdings
schon ziemlich alt vor :D („Just during dinner, would you mind turning down the
music a bit?“) Ich habe jetzt auch gelernt, dass meine Art, Englisch zu
sprechen, unglaublich altmodisch ist – anscheinend total 1950’s. Ich muss da
mal ein ernstes Wort mit den deutschen Schulenglischverlägen sprechen.
Was kann ich euch sonst noch berichten? Es sind nach wie vor
paradiesische Zustände hier – aufwachen mit der aufgehenden rotglühenden Sonne,
einschlafen unter dem endlosen Sternenhimmel und stets mit Blick auf einige
Sternschnuppen; körperlich aktiv sein, joggen, reiten, durch die Gegend
laufen/klettern, Bodyweight Training, Pilates/Yoga und die üblichen Aufgaben,
die anfallen und sich hier „körperlicher“ gestalten (Elektrizität und Wasser
sichern, Dusche „laden“, Wäsche waschen, Ponys füttern etc.)….. ich genieße den
Nebeneffekt, ein bisschen fitter zu sein und mich auch so zu fühlen :)
Karamba!!! :D |
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