Freitag, 23. November 2012

Living on an Island



Ich bin ein bisschen – bisschen – traurig, dass heute schon unser letzter Tag bei Gail und David ist, weil ich es unglaublich genossen habe hier. Gail ist so unheimlich herzlich, gutmütig und offen, dass ich sie ganz schnell in mein Herz geschlossen habe, und David tut alles dafür, dass seine Travellers so viel wie möglich von seinem wunderschönen Land, der Maori-Kultur und ihrem Aufenthalt hier mitbekommen. Ich liebe es hier! Wirklich!
An unserem letzten Arbeitstag legen wir uns nochmal schön ins Zeug, wir trimmen immer noch den Rasen im Hof und in der Auffahrt zur Kneipe, und das ist schon ein Knochenjob, aber irgendwie beflügelt mich die Aussicht, dass das das letzte Mal ist. Da wächst schon der Ehrgeiz, ein besonders schönes Resultat zu hinterlassen. Für mich macht es immer einen immensen Unterschied, ob ich einfach nur einen Job erledige, oder ob ich es für jemanden mache, der mir ans Herz gewachsen ist. Zudem scheint die Sonne ganz wunderbar – allerdings nie durchgehend, sondern immer mal wieder mit kurzem Wolkenaufkommen, heftigem Wind und ein paar Regentropfen. Aber man gewöhnt sich an dieses Mischmasch-Wetter. Wenn die Wolken mal beiseite geschoben sind, bekommt man dafür innerhalb von dreißig Minuten eine ganz nette Farbe ;)
Wir beschließen, für David und Gail ein besonderes Geschenk zu hinterlassen, und geben uns große Mühe, in den Rasen vor der Garage ein Herz zu trimmen. Zugegebenermaßen sieht es am Ende ziemlich gut aus, und als wir es später unseren Hosts zeigen, freuen sie sich unheimlich. Das wird das neue Wahrzeichen der Taheke Taverne! Kommt zur Taheke Taverne und besiegelt eure Liebe bei einem Glas Bier auf diesem Herz, oder stellt euch auf dieses Herz und trinkt ein Bier auf Ex und ihr werdet demnächst eure große Liebe treffen… haha :D David und Gail lieben es.
Den Mittag verbringen wir hauptsächlich mit Schlafen, Sonnen, Lesen, Reden und Essen. Gail hat mal wieder herrlich gekocht, es gibt Bacon-Onion-Cheese-Tomato-Sandwiches mit Sweet Thai Sauce oder wahlweise die Überreste von gestern Abend (David hat uns ein super Steak mit verschiedenen Gemüsesorten und Zwiebeln serviert und jetzt das Gemüse püriert und zu Burgern gepanscht). Das Essen hier war/ist genauso köstlich wie die Leute. Naja. Blöder Vergleich, ich weiß. Aber jeden Tag gab es wirklich frisches, restaurantfähiges Essen, dazu immer Massen an Obst und Gemüse greifbar, und zu einer Mahlzeit wurden meistens viele verschiedene Dinge gleichzeitig gekocht, sodass man sich durchprobieren konnte. Ich habe hier sogar „Pippies“ gekostet, das sind ganz frische, kleine, salzige Muscheln, die die Maori essen wie Popcorn und die in der Tat ganz lecker sind, auch wenn der Sand ein bisschen zwischen den Zähnen knirscht. Zum Abendessen gibt es Nudel-Bacon-Käseauflauf (herrlich), dazu einen frischen grünen Salat mit Karottenraspeln und Tomatenstückchen und einen gemischten Krautsalat mit Mayo. Mannomann... Ich hab noch nie in meinem Leben so viel und so gerne gegessen! Zum Frühstück gibt es übrigens (für mich) immer Rolled Oats, das sind ganz feine Haferflocken in Milch, die ich mir in der Mikrowelle  in Milch aufkoche und dann Apfel, Kiwi, Banane und Orange reinschnippele... ich könnte aber auch Vollkorn- oder Weißmehltoast mit Butter, Peanut Butter, Plum Jam, Käse, Bacon oder sonstwas essen... also auch hier: Herrlich!

Nach dem Abendessen überspielt David mir eine Menge Maori-Musik auf meine Festplatte. Heute Abend findet in der Taheke Taverne der große Quiz- und Karaoke-Abend statt, einige Leute werden erwartet, und David schlägt vor, mir ein Moko zu malen. Das ist eine traditionelle Gesichtsbemalung der Maori (eigentlich wird sie tätowiert, aber man muss es ja nicht gleich übertreiben) und ich freue mich schon, ein Foto zu machen und damit auf Facebook anzugeben, aber daraus wird dann doch nichts, weil ich zu lange beim Duschen brauche, und als ich in den Pub komme, ist das Quiz schon in vollem Gange. Anyway, es macht Spaß, mit den Locals zu tratschen und zu raten (auch wenn ich NICHTS weiß; viele Fragen sind neuseeland-spezifisch), und am Ende gewinnt meine Gruppe sogar, haha :D
Ich bekomme Freibier ohne Ende und erfreue mich sehr an dem Karaoke-Schauspiel, das nun beginnt. Erstaunlicherweise sind die Farmer und Farmerinnen, die hier in Gummistiefeln und schweren Lederwesten einlaufen, total talentiert! So gestaltet sich das Ganze als eine Art Konzert, die Atmosphäre ist herrlich, alle tanzen, singen, lachen, applaudieren, und ein Schellenring sowie ein chinesisches Rasselei und eine Mundharmonika machen immer wieder die Runde, sodass jeder, der Lust hat, mit-musizieren kann. Die Leute sind verrückt, also einige zumindest! Gegen später spiele ich mal wieder Laszlos Spiel (breaking barriers) und gehe mit Ingrid, einer vollkommen verrückten, ursprünglich schwedischen Neuseeländerin auf die Bühne, um gemeinsam „Hey Jude“ zu performen. Hahaha :D Gegen zwölf, halb eins laufen dann noch einige waschechte Maoris ein, die von den Wohnwägen am Hang kommen. Sie tragen verrückte Mäntel, Leggins und keine Schuhe und tanzen und singen wie die Wilden. Ich bin ganz gefangen von dem herrlichen Schauspiel, wie die Maori-Frauen tanzen können, alle ein bisschen voluminös, exotisch und strahlend elegant. Ihr Tanz hat einen stark polynesischen Einschlag, ich könnte mir gut Hawaii-Röckchen und Muscheln an ihnen vorstellen ;)

Wir gehen irgendwann um halb drei ins Bett und stellen den Wecker auf fünf Uhr, weil wir um sieben losfahren wollen und noch packen und frühstücken wollen. David wird uns nach Kaikohe fahren, wir wollen versuchen nach Warkworth zu hitchhiken. Also wieder Richtung Süden. Dort will uns um drei Uhr Helen abholen, sie betreibt mit ihrem Partner Dave die Kawau Lodge auf Kawau Island, und da haben wir uns für die kommenden zehn Tage als helpxer eingebucht. Die Kawau Lodge ist ein Vier-Sterne-Hotel und Kawau Island eine sehr unbekannte, untouristische Insel, die kaum jemand kennt. Dort gibt es keine Straßen, man bewegt sich nur per Boot fort, und alles ist in Privatbesitz. Ich freue mich sehr! Aber erst mal müssen wir nach Warkworth kommen. Mein erstes Mal per Anhalter! Ich bin aber überhaupt nicht aufgeregt, sondern genieße ein tiefes Gefühl der Gewissheit, dass alles gutgehen wird. Das Schicksal meint es gut mit mir ab jetzt! Da bin ich mir sicher. Wenn nicht jeden Tag in deinem Leben kleine Wunder passieren, dann stimmt was nicht mit deinem Leben.
Wir verabschieden uns von David und Gail mit tausend Küsschen und Umarmungen und versichern, dass wir jederzeit gerne zurückkommen würden und das vielleicht auch tun werden. Gail würde uns gerne wiederhaben, glaube ich. Laszlo ist ihr  „women whisperer“ (sehr witzige Bezeichnung, finde ich). Ich hatte glaube ich schon erwähnt, dass er faszinierende Workshops für Frauen gibt; auf der ganzen Welt, Südafrika, Japan, Australien, wo immer er landet, und jetzt will er versuchen, auch in Neuseeland damit Geld zu verdienen. Ich bin davon überzeugt, dass das klappt. Gail hat ihm ihre Taverne für einen Workshop angeboten, das heißt, wenn das Schicksal nichts anderes plant, können wir jederzeit nach Taheke zurückkommen und Laszlo kann einen Workshop abhalten. Gut, dass unser Herz dort an uns erinnern wird ;)

In Kaikohe setzt uns David am Straßenrand ab, mit all unseren Koffern und Rucksäcken und einem kleinen Pappschild mit „Warkworth“ drauf. David spekuliert, dass wir so 4-5 Rides brauchen werden, bis wir in Warkworth sind. Wir haben ziemlich viel Gepäck, das könnte vielleicht ein Hinderungsgrund sein, uns mitzunehmen. Aber wir haben auch viel Zeit, es ist halb acht, als wir anfangen zu hitchhiken, und um drei müssen wir erst in Warkworth sein. Um fünf nach halb acht hält eine freundlich lächelnde Maori-Dame mit großem, geräumigem Wagen neben uns – ich glaube, das war das fünfte Auto, das vorbeigefahren ist – packt uns ein und verkündet, dass sie uns direkt bis nach Warkworth mitnehmen kann. So muss das laufen! Ist das nicht ein Zeichen, dass ich alles richtig mache, wenn sich eins zum anderen fügt? Wir lassen uns also luxuriös nach Warkworth kutschieren, knappe drei Stunden, und können sogar ein bisschen Schlaf reinholen (die Lady meinte zu mir: „It’s quite bumpy at the back there, isn’t it? I try to drive extra-carefully over the bumps so that you don’t get too disturbed“ – mal wieder ein Beispiel für die krasse Freundlichkeit der Kiwis!)
In Warkworth müssen wir mit unserem Gepäck nur ca. zehn Minuten laufen, um am Infozentrum anzukommen, wo wir uns um drei mit Helen treffen wollen. Wir dürfen unser Gepäck gegen eine kleine Spende dort lassen – es ist erst elf Uhr – und tigern los, um Warkworth zu erkunden. Herrlich. Wir durchstöbern Supermärkte, kaufen eine Zartbitterschokolade, vier Bananen und einen Liter Sojamilch und setzen uns nach einigen Stunden Fußmarsch am Ufer des Flusses auf eine Bank, die nur auf uns gewartet hat, um zwischen den Enten und Möwen und Kaimaranen unser ausgefallenes Mahl zu schlemmen. Danach verfalle ich dem Schlafmangel und ratze mit dem Kopf auf dem Holztisch weg, während Laszlo sich mit einem Vogel unterhält, der offensichtlich großen Gefallen an seinem Pfeifen findet... mir egal, ich schlafe… ;)
Warkworth ist ein nettes Städtchen, sehr sauber, sehr ordentlich, gut strukturiert, mit Spazierwegen und Sitzgelegenheiten im Grünen und allerlei Shops. Um drei sind wir wieder am Informationszentrum und treffen Helen, die auf den ersten Blick einen sehr liebenswerten Eindruck macht. Eine lebendige Frau mit leuchtenden Augen, die weiß, was sie will. Sie fährt uns und unser Gepäck zum Kawau Harbour, wo wir alles umpacken auf das „Taxi“, das uns zur Insel bringen wird – Daves Boot „Dolly“, mit der er ein Wassertaxiunternehmen führt. Viele Häuser auf Kawau Island sind nur Wochendhäuschen, und jemand muss die Kiwis ja vom Festland zur Insel bringen und wieder zurück... this would be Dave!

Ich schwelge in innerlicher Ekstase, als „Dolly“ aus dem Hafen gleitet (es ist gerade Ebbe, deshalb muss im Hafenbereich sehr langsam und vorsichtig gefahren werden, um nicht aufzusetzen). Als wir die offene See erreichen, gibt Dolly Gas und ich muss mir einfach wie in einem billigen Kitschfilm das Haargummi aus dem Haar reißen und die Nase in den Wind halten! Hurray! Ich kann noch nicht glauben, dass das gerade alles passiert.
...mit Dolly nach Kawau Island - yippie! :)

Dave, Dollys Kapitän und unser Host für die nächsten 10 Tage, begrüßt uns ebenfalls herzlich. Er ist auf seinem Boot hinterm Steuer zu Hause, das merkt man sofort. Auch seine Augen leuchten hinter seinen buschigen Seemanns-Augenbrauen, als er erklärt, wie die Insel aufgebaut ist, wie wir jetzt fahren werden (gute zehn Meilen bis Kawau Island, das sind etwa 20 Minuten mit Dolly), wie die Insel aufgebaut ist, wo wir in den nächsten Tagen Kajakfahren können und an welche einsamen Privatstrände wir laufen können, wenn wir wollen (Straßen gibt es ja keine).
Welcome to Kawau Lodge...
Nach 20 Minuten legen wir am Kawau Lodge Steg an, und mir verschlägt es die Sprache, und den Atem, und einfach alles. Die Reinheit, die pure, klare Energie der Insel durchflutet einen wie ein einziger Glücksstrom. Schwer mit Worten zu beschreiben. Das Gepäck wird mit einem Lastenzug hinauf zur Lodge gefahren, wir laufen Holztreppen hinauf durch prächtige, wildromantische Blüten in glühendem Rot, Orange und Pink, umgeben von tropischem Vogelgezwitscher und dem herrlichen Duft nach Salz und Fisch und Meer und Freiheit. Die Luft ist so klar, dass sie den ganzen Körper wie weißes Licht erfüllt. Die Lodge ist wundervoll, wundervoll, wundervoll, Holz, runde Steine, Glaskugeln, Fischernetze, Muscheln, Wände in Türkis und Pistazie, alles atmet, ist harmonisch, friedlich, frisch. Man spürt förmlich, wie die reine Energie der Insel durch diesen Ort fließt, und das Erste, was ich tue, ist, mich auf unsere Holzterrasse zu setzen und eine halbe Stunde lang in der unglaublichen Atmosphäre zu baden. Direkt unter unserer Terrasse ist das Meer, bzw. im Moment noch Schlamm, aber die Flut schiebt sich langsam ins Land und füllt die Bucht mit türkisgrünem Leben. Auf der gegenüberliegenden Seite ist ein Hügel voller Märchenbäume, knorrig, verwachsen, mit petersilienartigen Kronen, denen man förmlich beim Atmen zusehen kann. Das Wetter ist so lala, es nieselt, regnet, manchmal hört es für eine Weile auf, aber das tut der Stimmung keinen Abbruch, im Gegenteil. Die Meeresluft wird nur noch klarer dadurch. Unser Zimmer ist kein helpxer-Zimmer, sondern ein ganz normales Vier-Sterne-Zimmer der Lodge, mit eigenem Luxusbad und Dusche und allem; ich kann nicht glauben, was hier grade passiert und dass ich hier bin. Laszlo sagt, wenn du dein Leben richtig führst, wird dir so etwas ständig passieren – alles fügt sich ineinander, und alles wird perfekt. Alles wird perfekt. Casper hatte also doch Recht. 

Schwelgen im Luxus (inklusive Zartbitterschokolade!)
Zur Krönung dieser ohnehin schon atemberaubenden – unwirklichen – Atmosphäre legt Laszlo noch eine CD mit durchgemixter, teilweise meditativer Musik ein und kocht mir (mit unserem selbstverständlich auf dem Zimmer vorhandenen Wasserkocher) einen Zitronen-Ingwer-Tee. Dazu gibt’s ein Stückchen Zartbitterschokolade und zwei Kekse aus unserer (selbstverständlich auf dem Zimmer vorhandenen und gut gefüllten) Keksdose. Außerdem gibt es hier Bücher, zwei Sekt- und Weingläser, alles, was man braucht, um Tee oder Kaffee zu kochen, einen Fön, eine Wärmflasche (hurra!!!), verschiedene Seifen mit Muscheln drin, Cremes, herrliche sandfarbene Handtücher... ich kann mich nicht irren, ich bin im Paradies. Ich bin einfach nur im Paradies.










...allein die Tatsache, dass ich kaum noch zum Blogschreiben komme, zeigt, wie wertvoll die Zeit hier ist, aber jetzt habe ich ein paar Minuten freigewischt, um euch auf den aktuellen Stand zu bringen.
Diese Insel ist nach wie vor ein Traum. Die Arbeit ist nicht besonders schwer, hauptsächlich Gartenarbeit und Malerarbeiten, und unsere Hosts sind unglaublich lieb. Eigentlich fühle ich mich nicht wie ein Familienmitglied bzw. ein helpxer, sondern wie ein Gast, denn wir werden hier abgesehen vom Frühstück stets wie Gäste bedient. Helen serviert täglich das beste Essen, erledigt ihre Koch- und Küchenarbeiten stets selbst (nicht wie bei den bisherigen Hosts, die für uns kochten und wir haben dann die Küche aufgeräumt und gespült etc. – hier gibt es sogar eine Spülmaschine) und ist sehr, sehr bemüht um unser Wohlbefinden. 

Bäume, bei denen man sich so richtig "zu Hause" fühlt...

Einmalige Vegetation: Massenhaft weiße Lilien, Palmen, Farne und knorrige Märchenbäume
Unter anderem haben wir bereits eine superschöne Tour über die Insel gemacht, zu Fuß, nach Helens selbstgeschriebener Wegbeschreibung zur Rocky Bay, einer wunderschönen Bucht am westlichsten Zipfel der Nordküste der Insel, wo Tausende von Albatrossen wohnen. Zerklüftete Felsen, auf denen man rumklettern kann, weicher Sand und viele knorrige Bäume, dazu das herrlich türkisblaue Wasser. 
Rocky Bay

Wenn nicht hier, wo dann? ;)
Ausblick aus meinem Fenster bei Fast-Ebbe
Das Meer hier ist selbstverständlich omnipräsent (klar, weil Insel und so...) und es ist wunderbar, mit dem Ozean zu leben! Die Luft ist kristallklar und salzhaltig, und die Energie an diesem Ort nach wie vor weiß und rein... man lebt mit den Gezeiten, Flut und Ebbe kommen und gehen täglich, und in unserer Bucht ist zur Ebbezeit tatsächlich nur Schlamm. Weiter hinten in der Bucht wachsen ein paar Bäume, die bei Flut bis zu den Kronen von Wasser bedeckt sind, und wir können jederzeit mit den Kajaks dorthin paddeln.(Wir dürfen uns hier einfach 2 Kajaks schnappen und ab dafür!) 

Einfach nur traumhaft, weil bei Flut immer sehr viele Rochen in die Bucht schwimmen, um sich im seichten, warmen Wasser zu sonnen. Also gleite ich wie in einem Regenwaldtraum in meinem kleinen Kajak durch die knorrigen Baumgipfel, durch höchstens 1-2 Meter tiefes Wasser, und unter mir zischen die Rochen umher – das ist vielleicht cool! Zugegebenermaßen ist es gewöhnungsbedürftig, über schwimmenden Rochen Kajak zu fahren; das erste Mal, als einer der wagenradgroßen Tiere auf mein Boot zugeschossen kommt, kippe ich vor Schreck beinah mein Kajak um. Passieren tut natürlich nichts, was soll das Tierchen mir auch antun ;)

Manche Rochen hier sind riesig - man beachte meinen Schatten. Das ist keine optische/perspektivische Täuschung, dieser Rochen hier ist etwa zwei Meter breit...
Die Kajaks sind hier das beste (und abgesehen von Schusters Rappen auch das einzige) Fortbewegungsmittel und es macht riesigen Spaß, die winzig kleinen Felseninseln vor der Bucht zu umpaddeln, in Höhlen zu gleiten, um Riffe herumzubrausen und einsame Strände zu finden (allerdings nur bei Ebbe), wo man dann einfach kurz anhalten, die Kajaks an Land zerren und den Picknickkorb auspacken kann.
Höhlenforschen via Kajak :)



Selbst die Arbeit macht total Spaß. Ich darf an einem abenteuerlichen Kletterhang wilden Ingwer stutzen und die beschnittenen Stumpen mit Herbiziden behandeln oder auf dem noch nicht ganz fertiggebauten Balkon auf einer Leiter balancieren, 30 Meter über dem rauschenden Meer, und die Hausfassade mit herrlichen Farben neu streichen. Helen und Dave (oder vielleicht eher Helen) haben einen exquisiten Farbgeschmack und ich liebe den Stil, in dem sie ihr Haus und ihre Gästezimmer halten. Sandfarben, Oliv, Pistazie, Türkis, Graugrün – alles herrliche Meerfarben, die zur Kulisse nicht besser passen könnten. Und natürlich arbeite ich mit ständigem Blick aufs Meer, bei atemberaubender Soundkulisse. Pagageien, wilde Vögel, Möwen und Wakas, das sind kiwiähnliche Laufvögel, die es hier auf dieser Insel gibt, liefern sich ein tropisch anmutendes Schreikonzert. Dazu das rauschende Meer. Und hin und wieder ein lautes Platsch, weil ein Fisch vor einem blitzschnell tauchenden Albatros fliehen muss. Fast täglich sehe ich Wakas, einmal sogar ein Küken, das sich anfassen lässt, und Rochen in der Bucht unten, und grellbunte Papageien, und einmal sogar einen riesigen silberblauen Fisch, der bei dem Versuch, vor einem Albatros zu fliehen, an Land springt und dort zappelnd versucht herauszufinden, was gerade passiert ist. Ehe ich in die Bredouille komme, ihn zu retten, robbt er aber selbstständig zurück ins Meer. Auch gut – keine weiteren Fischkonfrontationstherapien.

Das Essen passt zur restlichen paradiesischen Atmosphäre. Alles sehr exquisit und britisch – zum  Frühstück gibt’s Müsli, das beste, das ich je gegessen habe, mit gerösteten Sonnenblumenkernen und allerlei crunchy stuff und Kokosraspeln und Kürbiskernen und Flocken und Honigtaschen und Obstsalat und Joghurt und Milch….. zu jeder Mahlzeit wird Wasser gereicht, aber natürlich nicht einfach Wasser, sondern mit Minzblatt und Zitronenscheibchen garniertes Wasser… Helen übertrifft sich täglich neu; mal gibt es herrlich scharf gewürzte gebratene Schweinefiletstückchen auf Bohnen-Karotten-Paprika-Gemüse, mal chinesisch angehauchte Kartoffel-Bohnen-Hähnchen-Pfanne mit Rosmarin und Zitrone oder Bratwurst (Delikatess-Bratwurst natürlich) mit Rosmarin-Gemüsepfanne und Sojasprossensalat. Im Salat findet man meistens violette Blümchen oder sowas, man hat irgendwie immer das Gefühl, gerade ein Fünf-Sterne-Menü zu genießen ;)

Und unser Zimmer passt natürlich auch dazu. Ein Vier-Sterne-Gästezimmer mit pistazienfarbenen Wänden, schönen maritimen Bildern, vier farblich abgestimmten Schichten von Bettdecken, Seifen, Duschgels, Shampoos und Handlotion mit Zitronengrasduft, Handtuchwärmer, elektischem Moskito-Repellent, Wasserkocher und Wärmflasche. Ich könnte ewig so weiterleben! Fühle mich wie eine Königin ;)
Anyhow, ich werde meine Tage hier in vollen Zügen genießen, I promise!


Kawau Lodge vom Kajak aus


Glückliche Grüße von einer winzigen Insel im Ozean!

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