Donnerstag, 23. Mai 2019

Getting serious

Ich habe so viel Zeit verstreichen lassen, seit ich das letzte Mal gepostet habe.... es ist "Alltag" eingekehrt, aber längst noch keine Routine.
Jeden Tag begegnen mir mindestens zwei Situationen, die mir Angst machen und mich denken lassen: "Was!? Nein! Ich bin noch nicht bereit hierfür!" Und jedes Mal schlittere ich irgendwie hinein und hindurch, voller Adrenalin, mit rasendem Kopf. Und komme am anderen Ende wieder raus, nicht immer ohne Kratzer, aber immer klüger als vorher. Ich fühle mich so oft überfordert, und manchmal ein bisschen alleine. Ich komme aus dem gepamperten, geordneten Deutschland, aus einer Beziehung wie im Bilderbuch, aus einer Arbeitssituation, die mir alle Sicherheit der Welt geboten hat, aus einem jahrelang hand-selektierten Personenkreis von Menschen, denen ich vertraue und die wissen, wie man die Balance in einer Beziehung hält ---- in DAS hier. Eine magische, aber raue Welt, in der alles, einfach alles anders ist. Sicherheit? Emotional, finanziell, existenziell? Pfff. Geben und Nehmen? Pffff. Ordnung? Hahaha. Manchmal fühle ich mich wie eine Marionette, der plötzlich die Fäden durchtrennt wurden, und sie so: "Yaaay, ich bin freiiii, ich bin freiiiiiiii…. äh, wie bewegt man sich ohne Fäden?" Jeder Schritt, jede Bewegung kostet plötzlich so viel Kraft, muss regelrecht neu erlernt werden, auf so vielen Ebenen. Ich muss plötzlich so viele Entscheidungen ganz alleine treffen und so unendlich stark sein, und immer weitermarschieren, wissend, dass es immer einfacher wird, weil ich immer stärker werde. Einfach einen Fuß vor den andern setzen. Die panische Stimme im Kopf "Ich bin noch nicht bereit dafür" und trotzdem weitergehen.

In Berlin hatte ich oft das Gefühl, eine Löwin im Käfig zu sein, auf und ab tigernd, ruhelos, abgestumpft, allmählich vergessend wie sich Freiheit anfühlt, wie ich selbst mich anfühle wenn ich frei bin, wie ich sein kann fernab von klebriger Konditionierung.
Jetzt bin ich eine Löwin im Busch, und obwohl ich mich über die Freiheit freue, stelle ich auch ganz rapide fest, dass der Busch kein Ponyhof ist ;) Survival of the fittest, right? Natural selection. No mercy. If you don't hunt, you starve. So I am learning to hunt.

Random selection of information:

- Mein Spinningkurs läuft (wider Erwarten der Gymbetreiberin) wie geschmiert.
- Functional Training, von dem kein Mensch wusste, was es überhaupt ist, findet Zulauf
- Abby, einer unserer Hunde, liebt Babygnus! Neulich hat sie eins gefunden, das seine Mama verloren hatte, und hat stundenlang mit ihm gespielt (Babygnus "imprinten" in den ersten Stunden nach ihrer Geburt rasend schnell auf das, was sie sehen - innerhalb weniger Stunden verhielt sich das Gnu wie ein Hund und jagte Abby hinterher). Gestern hat sie eins gefunden, das gleich nach der Geburt gestorben ist, und ewig daneben gelegen und es angestarrt.
- Ich habe mir gerade eine Gitarre gekauft :D Bin so aufgeregt!!!
- Ich guide epische Ritte und reite tolle Pferde. Unter anderem ein Baby, das ich selbst eingeritten habe bzw. noch dabei bin es einzureiten.
- ich habe fantastische Hunde um mich herum, vor allem einen weißen Labrador namens Brexy. (Eigentlich Brexit, aber mittlerweile ist es mir peinlich sie zu rufen wenn wir Gäste haben). Sie kommt mit mir joggen, schwimmen, und kuscheln. Ich liebe sie (zu) sehr.
- Ich werde ein bisschen street-wiser. Gehe alleine auf den Markt, handle (immer noch grottenschlecht, aber ich versuche es zumindest), fühle mich souveräner bei Polizeikontrollen (gefährliche Angelegenheit. Nicht zu vergleichen mit Deutschland, wo die Polizei zumindest dem Gesetz folgt), spreche Bruchstücke von Suahili (will aber noch mehr lernen!).

Abgesehen davon, dass ich zweimal pro Tag in eine Angstsituation gerate, denke ich mindestens einmal pro Tag: Krass Katharina, kannst du eigentlich glauben was du gerade machst? Hättest du vor einem Monat/drei Monaten/einem Jahr gedacht, dass du da sein wirst, wo du jetzt bist? Und das machst, was du jetzt machst? Hättest du vor einer Stunde gedacht, dass du das so reibungslos meistern wirst? ---- und manchmal fühlt es sich an wie ein Deja-vu, obwohl ich ganz sicher bin, dass ich noch nie in dieser Situation war, aber es ist, als hätte meine ganze Vergangenheit darauf abgezielt, mich für diese Situation vorzubereiten --- als würden sich plötzlich Puzzlestücke zusammenfügen, die ich überhaupt nicht als solche erkannt hatte, und auf einmal lässt sich ein komplettes Bild erkennen --- ein überwältigend perfektes, atemberaubendes Bild, und ich kann nur staunen, dass alles so gekommen ist wie es ist --- das Leben hat auf jeden Fall einen Plan. Und es ist mind-blowing, wenn man, zeitweise zumindest, auf einem Aussichtsplateau steht, wo man Bruchstücke des Plans erkennt.

Donnerstag, 2. Mai 2019

Bless the rains down in Africa

So, the rains are here. What can I even say. It's been so much (time, happening, crazy life). Maybe switch to German for a start….
….and focus on one thing. Konzentrieren wir uns auf den Titel:
Die Regenzeit ist (kind of) da! 
Wir hatten so lange Angst, dass sie uns im Stich lässt, aber dann kam sie doch - und alles wurde innerhalb von zwei Tagen schlagartig grün, blühend, und umwerfend schön! Ich freue mich wie bolle endlich eine volle afrikanische Regenzeit erleben zu dürfen. Von Anfang bis fast Ende. 
Vor wenigen Wochen sahen Brexy (meine neue beste Hundefreundin) und ich noch so aus:


….jetzt wo der Regen da ist, kuscheln wir uns auch einfach auf der Matratze zusammen (mit auf dem Kuschelhaufen: Nadine, die mich übers Turnierwochenende besucht hat, und Dackel Pixel, der mich nicht mit dem A*** anguckt, außer wenn es regnet, dann ist mein Haus gut genug).


...und als Nadine uns verließ und somit auch die Matratze, blieb die Tradition von Brexys und Pixels Regenzuflucht trotzdem weiter bestehen, auch ohne Matratze!


...und mit dem Regen erwachen auch Millionen und Abermillionen von Insekten, viele spezielle Käferarten hier schlüpfen alle, alle an einem Tag und dann hat man eine regelrechte Invasion. Als diese kleinen Kerlchen hier kamen, konnten wir nicht über den Boden gehen, ohne dass es knirschte und knackste. Die Idee hinter dem Massenschlüpfen ist natürlich Überleben - je mehr von den Kerlchen auf einmal losgelassen werden, desto höher ist die Chance, dass einige von ihnen den Ansturm von Vögeln und anderen Jägern überstehen und dafür sorgen, dass sie weiter existieren! ….fast vier Wochen später, Kücheninventur, fallen immer noch hunderte von toten Käfern aus den unteren Töpfen und Pötten, die wir seither nicht mehr benutzt haben..... :D 


...in meinem Spinningkurs habe ich passend zum Thema eine Stunde "Regenlieder" gespielt - Bless the Rains down in Africa…. und natürlich werfen jetzt alle, alle ihre Babys und wenn ich joggen oder ausreiten gehe, sehe ich knuffige Zebrababys, staksige Gnu- und Wasserbockbabys, klitzekleine Impalas die wie Flummis umherspringen, und natürlich die absolut wundervollen Giraffenbabys mit ihren flauschigen Puscheln auf dem Kopf. Es ist magisch.

Dienstag, 26. März 2019

Cheesecake, Bushfires and Babies


Hallo ihr liebsten,



Kennt ihr das WhatsApp Emoticon mit dem Affen, der seine Augen verdeckt? Das beschreibt meine derzeitige Beziehung mit diesem Blog ganz gut ;) Sorry dafür… 


Ich sitze auf der „Veranda“ des Clubhouse mit Kaffee und rohem veganem zuckerfreiem Cheesecake, den ich am Sonntag gemacht habe (Limone-Himbeer). Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie doll ich mich über diesen Kuchen freue! Seit ich in Afrika bin, hatte ich keinen richtigen rohveganen Käsekuchen mehr (und ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Aussage jemanden überrascht). Vor mir erstreckt sich der See, bzw. die Reste davon - das Wasser ist seit November sooo extrem zurückgegangen, dass es geschätzt zehn Meter mehr Land freigelegt hat. Gnus, Zebras, Impalas und Wasserböcke grasen alle entlang der Wasserlinie, wo das Gras noch einigermaßen grün aussieht, und wie immer kreisen laut rufende Fischadler ihre Runden über den toten (weil im See stehenden) Baumskeletten. Während es den ganzen Morgen über extrem heiß und drückend war, kühlt es jetzt runter und windet, ein relativ sicheres Zeichen für den kommenden Regen… ich hoffe, er kommt bald, damit es um halb sechs für meine Yogilates Session am Pool (outdoors) ausgeregnet hat!

Zugegeben, das ist relativ egoistisch. Wenn es regnet, regnet es. Das ganze Land – gefühlt – wartet sehnsüchtig auf den Regen. Es ist so staubig und trocken wie nie, das gelbe Gras knuspert unter den Füßen, man kann die Fenster beim Autofahren nicht öffnen ohne einen Hustenanfall zu bekommen und bei jedem Zähneputzen werden die Zähne wieder zwei Nuancen weißer. Auf meinen Jogging- und Reitrunden sehe ich mehr und mehr Babytiere, winzig kleine Impalas, fluffige cremefarbene Gnus (die Babys sehen wirklich süß aus, auch wenn den Eltern „Hässlichkeit“ nachgesagt wird), staksige Zebrafohlen mit ihrem Plüschfell und der Babymähne am Bauch, die nach wenigen Wochen verschwindet, und seit kurzem auch die ersten Babygiraffen! Ich habe noch nie so eine kleine Giraffe gesehen wie heute morgen auf dem Ausritt, ich glaube die war ganz ganz frisch. Die Tatsache, dass die Tiere alle Babys produzieren, deutet ebenfalls auf die sich nähernde Regenzeit hin – frisches Gras, frische Triebe, Akazienblätter, Futter! Feuchtigkeit und Nährstoffe, die den „Staub“ wieder in Erde verwandeln. Vorgestern ist eine der Hauptstraßen von Naivasha nach Maimahiu (wo Lizzy wohnt) in der Mitte durchgebrochen. Das ist nicht nur der Trockenheit zuzuschreiben, sondern auch oder vor allem einer tektonischen Verschiebung, die hier sehr häufig vorkommt, weil wir sozusagen auf einer Kruste über vulkanischen Aktivitäten und direkt auf dem Rand der Arabischen und Afrikanischen Platten leben. Wenn man das Rift Valley hier überblickt, sieht man zahlreiche Säulen aus Dampf aufsteigen, die direkt aus dem Innern der Erde kommen, und unser „Hausvulkan“ Mt. Longonot ist fröhlich aktiv, ohne jemandem wehzutun. Das letzte Mal ausgebrochen ist er in 1863.

Anyway, das Thema war Dürre, nicht wahr? Erst gestern hatte die ganze Naivasha-Community einen Noteinsatz nur etwa 15 Minuten von uns, Buschfeuer löschen. Ash und ich waren auf dem Weg zu meinem Spinningkurs, als uns der Notruf erreichte, und die kommenden zwanzig Minuten waren das Hektischste, aber im Nachhinein Komischste, was ich je erlebt habe. Man sollte meinen Ash als waschechter Aussie hat Erfahrung im Buschfeuerlöschen, aber nach Erreichen des Notrufs hat sie ein bisschen den Kopf verloren – Was bringt man mit zu einer Buschfeuerparty? (abgesehen von so vielen Wasserkanistern wie nur möglich und Sprudel für die Freiwilligen, das war relativ straightforward). „Denkst du wir können das Feuer mit diesem Besen schlagen?“, fragt sie mich allen Ernstes und zeigt mir ihren dünnen roten Küchen-Plastikbesen… :D Als wir, viel später am selben Tag, zusammen Abend essen, lachen wir uns fast kaputt über diese Idee. „Hey, ich bin Ash, und das ist mein Plastikbesen; wenn ihr fertig seid mit dem Feuerlöschen, kann ich ja saubermachen….“

Ah, ich liebe Ash sehr, falls das noch nicht durchgeklungen ist. ;) Ich musste die Spinningstunde eine halbe Stunde nach hinten verlegen, da die meisten Teilnehmer sowieso mit bei der Feuerparty waren, aber dann fuhren wir tatsächlich straight zum Studio. Die ersten zwei, drei Lieder brannten diesmal extrem in den Augen, und aus irgendeinem Grund (unbewusste Vorahnung?) bestand meine Playlist (die ich schon am Mittag gebastelt hatte) aus auffallend vielen feuer-verwandten Liedern wie „Kings of Leon – Sex on Fire“, „Ellie Goulding – Burn“ und „Billy Joel - We didn’t start the Fire“ … manchmal denke ich, wenn wir zu 100% mit diesen unbewussten Vorahnungen in Verbindung stehen würden (wenn sie also nicht unbewusst wären), könnten wir so mächtig sein…

Was kann ich euch noch erzählen? Mein kleines Haus ist inzwischen sehr gemütlich geworden; meine Malerarbeiten sind sozusagen erledigt, und letzte Woche habe ich mir mein erstes eigenes personalisiertes Möbelstück ever anfertigen lassen!!! Es hat sich so gut angefühlt und ich bin so stolz, means a lot to me. :) Entstanden aus einem Fieber-Akazienast, den ich eigenhändig auf einem Spaziergang mit den Hunden eingesammelt habe, wissend, dass ich daraus eine Kleiderhängestange machen möchte.
Mein erstes sonderangefertigtes Moebelstueck ever :)

Ich habe jetzt sogar einen Wasserkocher in meinem Haus, was fantastisch ist, weil ich mir damit morgens Spring Valley Kaffee (lokaler kenianischer Kaffee) machen kann. Macht meine doch recht frühen Morgende (?) so viel besser. Ich liebe mein kleines Haus sehr doll, vielleicht auch deshalb, weil ich aus einem vernachlässigten und sehr ungemütlichen Flaschenschuppen ein kleines temporäres Zuhause für mich erschaffen habe, in dem ich mich wohl fühle und das mich glaube ich auch ein bisschen reflektiert.
Brexy wartet geduldig, bis ich mit 6am kaffee und tagebuch fertig bin, damit wir endlich auf unsere morgenlaufrunde gehen!

Einige „Notwendigkeiten“ wie einen warmen Pullover, Shirts, einen Teppich, habe ich auf den lokalen Mtumba-Märkten gekauft, das sind sozusagen seeehr afrikanische, zutiefst chaotische, extremst flashende Märkte, wo unsere Altkleider weiterverkauft werden. Believe it or not. Die Händler kaufen Altkleider in riesigen Packs, richten sie schön her und verkaufen sie an die lokale Bevölkerung weiter. Als weiße Frau werde ich natürlich schamlos abgezockt. Selbst nach hartnäckigem Handeln zahle ich ungefähr das Fünffache von dem, was ein schwarzer Local bezahlen müsste. Im Vergleich zum Neupreis (hier in Kenia oder in Deutschland) ist es ungefähr ein Fünftel bis zu einem Zehntel, was ich bezahle. Neue Sachen in Supermärkten und Shoppingzentren hier sind, im Vergleich zu Deutschland, in vielen Fällen deutlich teurer. Importiertes natürlich gleich doppelt. Ich habe tatsächlich vor zwei Wochen in Nairobi importierte „Herzen, Brezeln, Sterne“ Lebkuchen für umgerechnet 11 Euro gesehen; drei Monate nach Weihnachten, wohlgemerkt.

Im Grunde gibt es so viel zu erzählen, jetzt wo ich damit angefangen habe, dass ich glaube ich nur Stichworte/Fetzen machen werde, um diesen Eintrag nicht ins Endlose zu ziehen.


Es ist irre, wie Dinge, die total speziell und fantastisch sind, zu meinem Alltag gehören:

-        das tiefe, grummelige „Lachen“ der Nilpferde, die im See relaxen („Hoooo-ho-ho-ho-ho“) – ein bisschen wie ein runtergepitchter Santa Claus – und wie sie bei Nacht in den Garten kommen und ich immer noch keine Taschenlampe außer dem Licht meines Handys besitze (wo ist nochmal der Affe, der sein Gesicht versteckt?)

-        das permanente Rufen der Fischadler

-        unfassbar reiche, vielfältige Vogelwelt ; Pelikane, Kormorane, Adler, Superb Sperlings (die sind so schön!), Hamerkop, Egrets, Blacksmith Plovers, Wagtails, Egyptian Geese, Green Hoopoes (laut!), Hadedas, Kingfisher, Lovebirds, we are super spoilt.

-        Der Sternenhimmel. Der Mond. Ich habe es so vermisst. Ich will nie wieder permanent irgendwo leben, wo man die Sterne nicht sehen kann.

-        Nicht zu vergessen temperiertes, konstant schönes Wetter (wir werden sehen, was ich jetzt dann in der Regenzeit sage)

-        „Mein Baby“ Phizz Wizard, eine dreijährige Stute die ich einreite und am liebsten abends mit ins Bett nehmen würde, so süß ist sie.

-        Konstant fröhliche (manchmal zu fröhliche) blonde Labradormädels um mich herum

-        Die Gesellschaft/Freundschaft von Ash, die ich unglaublich zu schätzen weiß – es ist super, abends zusammenzusitzen und über rote Plastikbesen zu lachen, oder zu kochen, oder manchmal auch tiefere Gespräche zu führen…  

-        Täglich Bewegung – meine Lungen haben sich inzwischen wieder an die Höhe gewöhnt; als ich aus Südafrika zurückkam, konnte ich keinen Kilometer am Stück joggen, so schockiert war mein Körper über die 1900m Höhenunterschied!

-        Spinningkurse! In all dieser Wildnis und Abgeschiedenheit, Spinningkurse! Wer hätte das jemals gedacht? (Ich nicht. Ich weiß nur, dass ich bisher jedes Mal, wenn ich in Afrika war, Spinning vermisst habe).

-        Freiraum und Zeit, an meinen Projekten zu basteln (sooo much appreciated!)

-        …. Ich könnte die Liste noch endlos weiterführen. Muss aber langsam zurück zu meinem Haus marschieren, um meine Matte zu holen.



Well done Kat, you have updated your friends!

Ich hoffe, es geht euch allen gut – der einbrechende Frühling hebt ja erfahrungsgemäß auch die Gemüter. Wow, ich kann kaum fassen, dass ich den ganzen Winter in Afrika „verschlafen“ habe und jetzt geht es schon wieder Richtung Sommer in Deutschland… und alles grünt und sprießt und blüht, da habt ihr uns im Moment was voraus. (hust – Staub vom Bildschirm wisch)



Hooo-ho-ho-ho-ho-ho,

Alles Liebe aus Naivasha,

Eure Katharina

Samstag, 23. Februar 2019

We caught the Leopard!

Vor laaaaanger Zeit hatte ich euch erzählt, dass ich auf Lizzys Farm einen Leoparden mit der Kamerafalle "gefangen" habe, der eine Wildererfalle um seinen Brustkorb geschnürt hatte (nachzulesen hier: Oktober 2018 - Life Life Balance).

Ein wenig später haben wir zusammen mit Kenya Wildlife Service eine echte Falle aufgestellt, um ihn zu fangen und von der Schlinge zu befreien (…dazu habe ich sogar meinen ersten "Vlog" ever gedreht: HIER ansehen).

Mitte November dann habe ich die Farm verlassen, die Falle blieb stehen, Hoffnung hatten wir ehrlich gesagt keine besonders große... und letzte Woche erreichen mich dann die Neuigkeiten: Der Leopard ist in die Falle gegangen und die Schlinge konnte entfernt werden! Das sind ziemlich fantastische Neuigkeiten, die ich gerne mit euch teilen wollte. :)

...mit diesem Foto haben wir im Oktober herausgefunden, dass wir einen Leoparden in einer Schlinge auf dem Gelände haben...

...und im Februar diesen Jahres dann wurde er bzw. sie sie endlich los! 


Donnerstag, 14. Februar 2019

Surrender, smile, float :)


Valentinstag! Ha! :)


Dieser Blog läuft mir davon… beziehungsweise die Zeit läuft diesem Blog davon, und das ist meistens ein Zeichen dafür, dass ich „busy“ bin und so etwas wie Alltag einkehrt… ich fühle mich nicht mehr wie auf Reisen, sondern eher wie zu Hause, Routine stellt sich ein etc.; und dann fällt es mir schwer zu bloggen, weil alles so „normal“ wird.


Nach einer fantastischen Zeit in Südafrika und tränenreichem Abschied – ich habe mir und allen in Naivasha versprochen, nach Kenia zurückzukehren und zu versuchen, die Füße auf den Boden zu bekommen. Wenn ich das nicht getan hätte, wäre ich an der Wild Coast geblieben!
Aber so fliege ich – nach, wie bereits betont, tränenreichem Abschied – zum Zeitpunkt meines gebuchten Tickets zurück nach Nairobi, wo Ash mich am Flughafen empfängt und nach Naivasha fährt. Ash ist die Managerin von Sanctuary Farm, die mich sozusagen unter ihre Fittiche genommen hat, als ich im November letzten Jahres eine neue Bleibe gesucht habe. Sie kommt eigentlich aus Australien, ist ein Jahr älter als ich und ein unfassbar lieber Mensch mit einem riesigen Herzen. Nachdem vor zwei Jahren die Ehefrau und Besitzerin von Sanctuary Farm überraschend verstorben ist und ihren Ehemann sowie drei Kinder zurückließ, übernahm Ash spontan deren Rolle als Managerin und ist seither die treibende Kraft hier. Sie hat eine Art Hütte/Häuschen in ihrem Garten, in das ich einziehen darf – zwei kleine Räume, in die jeweils ein Bett passt, und ein Minibad; für den Anfang vollkommen ausreichend für mich. 

In meiner ersten Nacht fühle ich mich vollkommen überwältigt; auch wenn ich mich freue zurück zu sein, ist es seltsam, in ein leeres Haus einzuziehen, das ich noch streichen muss und das außer einer Matratze auf dem Boden einfach mal nichts beinhaltet. Statt dem Meeresrauschen, an das ich mich gewöhnt hatte, höre ich jetzt wieder die schweren Schritte der Nilpferde vor meinem Haus und das charismatische Ratsch-Ratsch, wenn sie das Gras vor dem offenen Fenster ausreißen und zerkauen. Ich habe kein Auto, keine Ahnung wo ich Möbel herbekommen soll, mein Suahili ist kack und ich bin ganz auf mich allein gestellt *schluchz*. Die ersten beiden Tage komme ich nicht umher, mich zu fragen: „Kat, was hast du dir dabei gedacht?“ Aus dem gemachten Bett in Südafrika, wo alle mich liebten und am liebsten behalten hätten, wo ich in einem hübschen „meer-charakterlichen“ Haus voller Muscheln und Sandfarben wohnte, wo ich alle Freiheit der Welt hatte und genau wusste, was meine Verantwortung ist, wo ich gefüttert und mein Haus geputzt sowie meine Wäsche gewaschen wurde und ich mich jederzeit in die Wildnis zurückziehen konnte…. nach Naivasha, eine unglaublich idyllische Gegend am Lake Naivasha, dem höchstgelegensten Süßwassersee im Rift Valley in Kenya, mit einer eingeschweißten Community von Mzungus (Weißen), wo jeder jeden kennt und sich alles wie ein Lauffeuer herumspricht. Von der absoluten Sicherheit und Abgelegenheit der Transkei aufs Minenfeld der Kolonialcommunity. Denn kolonial ist es hier noch ganz dolle – was ehrlich gesagt einer der Gründe war, warum ich zurückkommen wollte. Ich mag die Atmosphäre und den Vibe, auch wenn es sich seltsam anfühlt, statt leger in Marineboards und Loose Tank Top wieder in Leinenbluse und feiner Jeans zum Mittagessen zu gehen. Statt Trailritten auf easy Buschponys am Strand entlang und durch die grünen, subtropischen Wälder trainiere ich jetzt wieder Turnierpferde, von denen einige (insbesondere diejenigen, die von der Rennbahn ins Cross Country gekommen sind), den Schuss nicht gehört haben und sich folglich meine Schulter-, Bauch- und Rückenmuskulatur erst wieder erinnern muss, wie das mit dem „richtigen“ Reiten nochmal ging. Kenia ist extrem trocken und staubig um diese Jahreszeit; alles, was sich schneller bewegt als ein gehender Mensch, zieht eine lange Staubwolke hinter sich her. Nach dem Longieren muss man sich den Staub von den Zähnen putzen, und Galoppieren im Gelände macht nur an der Tete Spaß ;)

Die Giraffen auf der Farm sind extreeeeeem gechillt.... sie lassen einen so nahe herankommen, dass man schon in Kick-Reichweite ist.
Wenn es ein wenig windet (beinahe täglich), sieht es so aus als liegt ein dichter Nebelschleier über dem graugelben Gras – nur dass es kein Nebel ist, sondern Staub. Nachts bzw. frühmorgens und abends ist es relativ kühl, und die Luftfeuchtigkeit steigt (zum Glück); spätestens ab zehn Uhr morgens wird es dann wieder heiß, und zwischen zwölf und zwei Uhr mittags bewegt sich keiner freiwillig und alle wilden und domestizierten Tiere auf der Farm liegen dösend im Schatten der Akazien.


Ein durchschnittlicher Teller vom Mittags-Buffet :D
Ich kümmere mich hier also um „meine“ Ponys (die genau genommen keine Ponys sind), helfe gelegentlich im Clubhouse (Ash’s gehobene Standards haben dafür gesorgt, dass hier mit das beste Essen serviert wird, das ich kenne – Buffets voll kreativer, gesunder, vollwertiger Salate mit Pseudogetreide, Gemüse, Quiches und Frühlingsrollen, Suppen, frisch gebackenem Brot, Käse mit Crackern etc. – meine langjährige Liebesbeziehung mit Blendern hat dafür gesorgt, dass insbesondere das Smoothie- und gesunde Nachtischangebot erweitert wurde (Avo-Schokoladenmousse, Mango-Bananen-Creme, random-fruit-pudding… demnächst will ich es nochmal wagen, einen rohveganen zuckerfreien Käsekuchen zu kreieren…), nebenbei versuche ich meine Hütte bewohnbar zu machen, was zur Zeit dafür sorgt, dass ich immer irgendwo weiße Farbe auf der Haut habe, uuund nebenbei versuche ich noch meine Skills zu etablieren, massiere, gebe Personal Trainings, fange nächste Woche mit einem Spinningkurs an (wer hätte das gedacht, Spinning in Naivasha!!!!! So happy!!!!), und werde hoffentlich noch ein paar mehr Kurse anbieten können. Funktionelles Training mit Ausblick auf den See, inmitten von grasenden Gnus, Zebras und Giraffen… stelle ich mir gut vor. Mal sehen ;)

Eine meiner ersten Aktionen im Stall-Management: Sattelkammer-Ausmist-Vollputz-Sortier-Aktion!!! Meine deutschen Gene kommen mit dem afrikanischen (Un-)Verständnis von Ordnung absolut nicht klar :D
Meine lieben Leser sind vielleicht ein wenig geschockt, vom Esoterik-Flair des letzten Eintrags face first auf den harten Boden des Pionier-Alltags zu klatschen - aber so ist das Leben manchmal, man muss auch mal die Ärmel hochkrempeln und die Nägel in die Wand hauen... oder die Farbe aufs Holz streichen... oder so. Und dass es einfach wird, hat keiner gesagt. Ich weiß, dass ich überwältigt bin und emotional herausgefordert und dass das, was ich hier gerade versuche, extrem viel Mut und Kraft kostet. Um einen meiner liebsten Menschen zu zitieren: "You didn't just get out of your comfort zone, you can't even see it in the rear view mirror anymore." Das beschreibt es ganz gut. Ich weiß, dass ich eines Tages auf diese Zeit zurückschauen werde und meinem jetzigen Ich so dankbar sein werde, dass sie so mutig und stark war und die Tore für so viel persönliches Wachstum weit geöffnet hat. "Practise what you fear to do" - um einen weiteren unfassbar wichtigen Menschen in meinem Leben zu zitieren, der weiß, dass ich diesen seinen Lieblingsspruch von ganzem Herzen hasse (aber ihn trotzdem befolge, weil er natürlich Recht hat). Smiling. Es hilft, das größere Bild nicht aus den Augen zu verlieren; und den Frieden zu finden, den eine Qualle auf sturmgepeitschter See empfindet, die keine Ahnung hat, ob die Strömung sie dorthin trägt, wo sie hin wollte. Surrender, smile, float. :)


Dienstag, 29. Januar 2019

Primal Instincts



Ich erlaube mir die Tage ganz und gar, in die mystischen Tiefen meines Seins einzutauchen… Oh Gott, klingt das esoterisch. Ich grinse. Ein solcher Startsatz ist sozusagen Garant dafür, dass gleich nach dem ersten Satz keiner weiterliest – genauso gut könnte ich den Text beginnen mit „Einmal, im Ferienlager“…..

Was tut der kluge Entertainer da? Einfach ein paar schöne Fotos von leicht bekleideten Frauen im Meer einfügen. Egal, ob es etwas mit dem Thema zu tun hat oder nicht :D

Bodyboarding before…

...and after :D

Okay. Anyway. Falls du immer noch liest, herzlichen Glückwunsch. Was ich gerne mit dir teilen würde, ist nicht so einfach in Worte zu fassen. Dafür werde ich den Text mit lustigen Fotos spicken, die schön anzusehen sind, versprochen. Ich werde sozusagen Parallelgeschichten erzählen - eine mit Bildern, die das erzählen, was ich zur Zeit so erlebe - und eine mit Worten, die aus vielen anderen Geschichten besteht, wie ein Puzzle aus Augenblicken. Ist ja mein Blog, ich kann machen was ich will :D 

...and in between. It's called WILD Coast for a reason. :D 
Ich komme mir ein bisschen vor wie in einem Film, wo unter epischer Schlussmusik der Hauptdarsteller endlich die Puzzleteile der höchst raffinierten Verschwörung zusammensetzt, die er den ganzen Film über versucht hat zu entschlüsseln und zu verstehen. Und wenn der Film gut gemacht ist, überrascht das Endpuzzle auch den Zuschauer. 


Mein Endpuzzle ist ein Gefühl, aber auch Wissen, und Mystik, und Verständnis, das immer tiefer sinkt wie ein U-Boot in den Ozean. Ich habe mich so oft gefragt, warum ich so bin; warum Afrika mich ruft; warum ich nicht einfach wie jeder (fast jeder) andere in Deutschland meine Füße auf den Boden stellen und ein gutbürgerliches gemütliches kleines Leben aufbauen kann; warum ich immer wieder in die Wildnis will, Erde unter den Füßen spüren, Lagerfeuer machen, mir den Nacken in der Wüste verbrenne und den Mond anheule. All diese Momente ziehen jetzt, während der epischen Schlussmusik, in Flashbacks vor meinen Augen vorbei – all die Momente, in denen ich so unfassbar „da“ war. So roh, so real, so glücklich. Glückliche Momente habe ich tausende, aber nur wenige sind in diese Kategorie einzuordnen, die ich versuche zu beschreiben. Momente, in denen mein Herz plötzlich zu vielen Herzen wird, als hätte ich nicht nur ein einziges, sondern tausende, Millionen Herzen in meiner Brust, zeitlos schlagende Herzen, die jetzt sind, die aber auch vor Tausenden von Jahren schon da waren; Momente, in denen ich zu einem Tier werden könnte, in denen ich spüre, dass ich ganz eins bin mit mir und allem um mich herum; dann könnte ich alles sein, und ich spüre, wie ich gleichzeitig Klauen, Kiemen und Flügel haben kann, wenn ich will; Momente, in denen ich so tief, tief eintauche in etwas ganz Essenzielles, Urzeitliches; in denen mein Bewusstsein ganz ohne Zutun meiner Gedanken rückmeldet „Das ist es.“ Ich habe immer versucht, zu verstehen, was das soll – und nie begriffen, dass es eigentlich ganz logisch ist. 


***

Ich kauere mit offenen Haaren vor einem Lagerfeuer und grille mit Kräutern gefüllte Champignons. Um uns herum ist es stockdunkel, und die Düfte und Geräusche des afrikanischen Busches füllen all unsere Sinne. Ein Leopard streunt ums Camp herum. Wir hören, wie uns sein charismatisches Brüllen (es ist eher ein heiseres Raspeln) umkreist, und die Härchen auf meinen Armen stellen sich auf. Der Sternenhimmel über uns ist endlos. Ich schiebe die Glut zurecht, der Duft der gebratenen Pilze steigt uns in die Nase. Die Augen meines Begleiters mustern mich durch den feinen Rauch des Feuers, und ich spüre, wie er jedes Detail an mir wahrnimmt und mich regelrecht verzehrt. Diese Frau mit offenem, wildem Haar, die auf dem Feuer im Busch Essen macht, während die Raubkatzen brüllen.



***

Ich liege warm eingepackt auf dem Boden im Sand der namibischen Wüste unter dem endlosesten Sternenhimmel, den man sich vorstellen kann. Es ist drei Uhr morgens und ich bin gerade durch ein Geräusch recht nahe bei mir aufgewacht. Ohne Zweifel kommen schwere Schritte auf mich zu, und ich lausche ihnen eine Weile, während der kühle Nachtwind leise säuselt. Wir haben Vollmond, und die Nacht ist so hell, dass die skelettartigen Köcherbäume Schatten werfen. Ich fühle mich vollkommen friedlich. Nach einer Weile schäle ich mich langsam aus meinen Decken und laufe barfuß und vollkommen nackt auf den Sand hinaus. Die Herde ist angekommen, und sie stöbern friedlich, als würden sie das jede Nacht tun, im Camp herum, prusten in die Asche des ausglimmenden Lagerfeuers, rubbeln ihren Hals an den Köcherbäumen. Zwei Fohlen liegen neben meinem Schlafsack im Sand. Ich greife ruhig nach einigen Halftern und fange an, sie den Pferden anzulegen. Einige von ihnen lassen sich noch immer nicht von mir anfassen, aber ich weiß, welche ich führen muss, damit die Herde uns folgt. Ich bin müde und schlaftrunken, aber kann die Gelegenheit nicht verstreichen lassen – ich muss die Pferde in den Pen bringen, wer weiß, wann ich sie sonst das nächste Mal sehe. Nackt, wie ich noch immer bin, führe ich die drei Stuten an. Wir haben etwa einen Kilometer zu gehen. Meine Füße pflügen den Sand, der noch immer die Wärme des Tages speichert, und ich spüre den Atem der Stuten auf meinem Po. Sie folgen mir, alle zusammen. Ich muss mich nicht umdrehen, um das zu sehen – ich beobachte die Schatten, die der Mond neben uns wirft. So spaziert unsere kleine Prozession nach oben zum Pen, vollkommen still, vollkommen selbstverständlich, als würden wir das jede Nacht um drei Uhr tun.




***

Nachdem wir drei Stunden die einsame Küste entlanggelaufen sind und eine gute Kilometerzahl zurückgelegt haben, pausieren wir für einen kleinen Snack und eine Abkühlung im Ozean. Das laute Rauschen ist ein so selbstverständliches Geräusch geworden, meditativ, Schritt für Schritt im weißen Sand. Mein Nacken glüht, und meine Füße fühlen sich steif an vom Barfußlaufen auf Sand. Wir haben noch eine Weile vor uns. Meine Begleiterin zeigt mir eine spezielle Art von Muschel, eine fingernagelgroße, handlich abgerundete Muschel, die schwarzweiß gescheckt ist und einen leichten Stich von Hellgelb hat, und erklärt mir, dass die Muschel früher – sehr viel früher – zum Handeln benutzt wurde; sie war sozusagen die Währung damals. Ich hebe sie auf. Dann sehe ich noch eine, unter all den herrlichen Muscheln, und picke sie heraus. Und noch eine. Und noch eine. Ich nehme meine Kappe ab und fange an, die kleinen gescheckten Muscheln zu sammeln. Ich habe keine Ahnung, warum. Ich will diese Muscheln, und nur die, und ich freue mich so sehr, dass ich plötzlich so viele davon finde. Es ist wie ein Rausch, es fühlt sich so richtig an, so perfekt, und ich beobachte meine eigenen Gedanken, die nur hin und wieder dazwischen grätschen und mich fragen, was ich da eigentlich gerade mache? Und wieso ich nicht aufhören kann? Es fühlt sich an wie ein Fressanfall nach einer Nulldiät, und genauso befriedigend; während die anderen bereits weitergehen, bin ich wie hypnotisiert. Ich muss diese Muscheln einsammeln.

Erst, als meine Begleiter am Horizont verschwunden sind, kann ich mich losreißen. Ich habe nicht gegessen, nicht gebadet und nicht geruht, aber ich fühle mich auf eine tiefe Art befriedigt. 



***

Es war Vollmond heute Nacht, und die Gezeiten sind daher besonders extrem – die Flut kommt so weit den Strand herauf wie sonst nie, und weil bei Ebbe das Wasser so weit zurückgezogen wird wie sonst nie, schwemmt das Meer um diese Zeit eine Menge Zeugs an, was sonst nicht angeschwemmt werden würde. Ich jogge den Strand entlang, lausche meinem Atem und den Wellen, die zu einem einzigen Rhythmus verschmelzen. Ein rostiges Stück Schiffswrack liegt am Strand, den ich fast täglich besuche. Seltsam, und mystisch, irgendwie – es muss schon eine lange, lange Zeit am Meeresboden gelegen haben, und plötzlich bringt das Meer eine so starke Energie auf, dass es nach oben geholt wird. Während ich weiterlaufe, spüre ich genau, wie es alles widerspiegelt, was ich seit gestern auch in mir erlebe – eine Urkraft spült plötzlich Altes, Verborgenes aus tiefsten Tiefen nach oben und trägt es an den Strand, wo es liegenbleibt auf dem weißen Sand, vollkommen exponiert, als würde es sagen „Hier bin ich. Schau mich jetzt an.“ Ich bin aufgewühlt, wähnte mein eigenes altes Schiffswrack sicher und ewig in den Tiefen des Ozeans; der Mond belehrt mich eines Besseren. Ich spüre, wie alles verbunden ist, wie ganz alte, mystische Kräfte in mir walten, dieselben, die auch den Ozean bewegen – und wir sind so sehr eins, dass ich spüre, wie Delfine durch meine Blutbahn schwimmen, und wie ich tiefer, und tiefer, und tiefer in mich selbst hineintauchen kann, in mein eigenes, eiskaltes Blau. Ich beende meinen Lauf, stretche meine Beine – und spüre plötzlich, aus all der aufgewirbelten Verwirrung, das vollkommen irrationale, aber sichere Bedürfnis zu jaulen wie ein Wolf. Ich schaue mich verstohlen um, bin ganz alleine am Strand – und gebe dem Bedürfnis nach. Ich klinge wie der Nachbarhund aus meiner Kindheit, wenn die Rettungswagen vorbeifuhren. Es nimmt mich mit wie ein Ozeanstrom, und ich gebe mich ganz meinem Gejaule hin, heule den Ozean an wie ein Wolf, in einem Rausch, den ich nicht einmal versuche mit meinen rationalen Gedanken zu verstehen. Ich weiß, dass ich etwas abgebe an den Ozean, und dass er mir etwas zurückgibt, und ich bin ich, und ein Wolf, und der Ozean. An der endlosen Linie, die das Meer vom Himmel trennt, sehe ich die spritzige Fontäne aus dem Blasloch eines Wals nach oben schießen. Natürlich ist er da, er war schon die ganze Zeit da; und obwohl es mich nicht überrascht, flutet es mich mit einem extremen Glücksgefühl, als wäre mein Bruder heimgekommen, mit seiner riesigen Schwanzflosse und seinem fröhlichen Gesang, der mein Wolfsjaulen beantwortet. Needless to say, als ich den Pfad vom Strand hinauf zum Hotel laufe, hat sich mein eigenes, altes Schiffswrack und all die Emotionen und Energien, die es mit an den Strand geschwemmt hat, vollkommen in Luft aufgelöst. 

  


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Ich könnte noch viele solcher Momente beschreiben, aber diese drei geben ein Gefühl dafür, um welche Art von Moment es sich handelt. Das Gefühl kann ich nicht beschreiben, aber eins ist mir klar geworden – Afrika, die Wildnis, und solche Momente, das ist nichts, was ich erfunden habe. Das ist nicht eine kleine Liebhaberei von mir, die mir so viel Spaß macht, dass ich sie nicht mehr aufgeben will. Das hier geht viel, viel tiefer. Das ist urzeitlich, und primitiv, und purer Instinkt – ich bin mir sicher, wenn jemand meine DNA aufzwirbeln und Wort für Wort decoden würde, würde er genau diese Momente darin finden. Sammle Muscheln am Strand der südafrikanischen East Coast, wie es die Strandlopers so vielen Jahren getan haben, vor allem die Frauen, während die Männer fischen gingen. Genau hier, seriously, haben vor rund 100.000 Jahren unsere Ur-Ur-Ur-Großväter und -mütter, Homo sowieso, genau das getan, und nur weil sie das getan haben, existieren wir heute. In Mashatu, Botswana, vielleicht genau dort, wo ich meine Champignons gegrillt habe, haben vor 100.000 Jahren die steinzeitlichen San-Frauen das Essen zubereitet, was ihre Männer nach „Hause“ brachten, mit langem wildem Haar, unter den hungrigen Blicken der Männer. Unter dem Vollmond, bei Spring Tide, konnten unsere Vorfahren weiter in den Ozean eindringen als sonst, weil bei Ebbe das Wasser extrem zurückging – und mit dem Vollmond brachten sie die köstlichsten Köstlichkeiten zurück an den Strand, Abalone, Perlmutt, und Austern, die sie an den Stamm verfütterten – und anschließend, gesättigt, voller aphrodisierendem Protein, ging es zur Sache – kein Wunder, dass die Frauen ihren Zyklus nach dem Mond synchronisierten, und mit ihrem Zyklus auch ihre ganzen Instinkte und all die Weisheit, die tief, ganz tief aus dem Bauch kommt. Vor über 50 Millionen Jahren hatte Pakicetus, ein wolfsähnliches Land-Säugetier, die Eingebung zurück ins Wasser zu gehen, und über Millionen von Jahren entwickelte er sich schließlich zu einem felllosen, sehr viel größeren, ans Wasser adaptierten Säugetier, dessen Nasenlöcher zu einem Blasloch an der Oberseite mutierten – dem heutigen Wal. 



 Ich war mir die ganze Zeit nicht so bewusst, was ich hier mache; jetzt verstehe ich, dass ich dem unbewussten Ruf meiner DNA folge, uralten, primären Mustern, die sich in unserem Sein verankert haben und für die ich, aus irgendeinem Grund, besonders empfänglich bin. Ich bin sozusagen programmiert, das zu tun. Ich schmelze in diese Momente hinein, als wären sie das, wofür ich lebe, wofür ich mache, was ich mache – in Afrika, der Wiege der Menschheit, wo unsere haarigen Ururur(…..)eltern von den Bäumen herunter in die Savanne kamen, lernten, aufrecht zu gehen, Werkzeuge zu benutzen, und so weiter… ist das nicht verrückt?

Verrückt und mystisch. Und irgendwie auch auf seltsame Art und Weise faszinierend. Als würde ein unbewusster Teil von mir unbedingt herausfinden und erleben wollen, woher ich komme – und wer ich bin – aber das geht tiefer, viel tiefer, als nur bewusste Gedanken. Und dann werde ich wie von einem Magneten in solche Momente hineingesaugt und erlebe nichts als tiefes, primäres Glück; wenn man das Leben destillieren könnte, dann würde ich sozusagen die Essenz davon trinken. Tropfenweise, mit aufgestellten Härchen auf den Armen, mir genussvoll die Lippen leckend.



Das ist so cool.



Ich wünsche allen solche Momente.

Allen.



Prost, ihr Lieben.

Samstag, 5. Januar 2019

Happy New Year.... for sure.


What, 2019??? Well frohes neues Jahr everybody! Jedes Jahr vor Weihnachten habe ich das Gefühl, es ist total vorhersehbar, dass plötzlich alles ganz schnell geht, und dann bewahrheitet es sich ;)

Dieses Jahr hatte ich das Privileg der sonnigsten Weihnachten meines bisherigen Lebens. Auch wenn ich schon einige Male Weihnachten im Warmen verbracht habe, hatte ich noch nie das Glück, über alle Weihnachtsfeiertage zumindest zu gewissen Zeiten am Tag nach unten an den Strand zu bummeln und in den Ozean zu springen, um mich anschließend von der afrikanischen Sonne trocknen zu lassen. Die letzten Tage waren so sonnig und ich so oft im Wasser, dass ich manchmal das Gefühl habe, von all dem Salz, der trockenen Hitze und dem Sand zu verwittern. Wie ein Stück Treibholz am Strand, vom Salz aufgeweicht, vom Sand und dem (oft scharfen) Wind geschliffen, und von der Sonne gebleicht (bzw. gebräunt). 


Gleichzeitig habe ich über alle Feiertage hart gearbeitet; die Gäste wollen reiten, reiten, reiten, und die armen Ponys (und ich) mussten rackern. Zum Glück haben wir heute, am 01.01., einen Pausentag eingelegt (natürlich nicht ohne Beschwerden der Gäste, die reiten wollen) – erstens, weil die Ponys wirklich stinkig sind und einen Tag einfach mal in Ruhe gelassen werden wollen, und zweitens, weil am 01.01. sehr viele Locals zum Strand und ums Hotel herum migrieren und „Party“ machen. Die meisten sind okay, aber manche haben immer noch fantastische Ideen wie Steine nach Pferden werfen, sie mit Stöcken jagen oder hüpfen und schreien, damit die Pferde schneller laufen (mit vier-, fünfjährigen Kindern im Sattel, die noch nie geritten sind). Das muss ich nicht haben. Es ist eine Wahnsinnsverantwortung, ständig Anfänger auf Ritte mitzunehmen, und ich bin so eng mit den Ponys zusammengewachsen, weil ich mich auf sie verlassen können muss. Ich weiß genau, wer in welcher Situation was machen könnte, und dirigiere meine Reiter und Ritte entsprechend. Smokey zum Beispiel findet die Zelte, die die Leute als Schattenspender am Strand aufspannen, furchtbar gruselig; Sapphire hasst es, wenn jemand versucht ihn von hinten zu überholen (auch im Schritt) und kann dann schon mal kicken; Teddy will auf dem Weg nach Hause vorne sein und wird dann immer schneller und schneller (und nutzt es aus, wenn man ihm nicht klar zeigt, was er zu tun hat); Mambo wälzt sich gerne am Strand (mit Reiter) und hat manchmal keine Lust, den anderen zu folgen, dann bleibt er einfach stehen oder lässt sich immer mehr zurückfallen… und Autumn, mein pflegeleichtestes Pony, hat ein zertrümmertes Vorderfußwurzelgelenk und fristet ein fröhliches Dasein ohne Verpflichtungen. Wenn alle anderen auf Ausritte gehen und er alleine zurückbleiben muss, bekommt er ein Heunetz – und ansonsten erhält er genau die gleiche Pflege, Liebe und Fütterung (natürlich angepasst) wie alle anderen. Nicht sooo schlecht, wenn man drüber nachdenkt ;) Er kanns sogar galoppieren, aber natürlich nur auf einer Hand. Wie viele Schmerzen er hat, weiß keiner genau, aber seine Augen leuchten, er ist lebendig und frech und macht nicht den Eindruck zu leiden. Solange das so bleibt, darf er das Maskottchen bleiben.



An Weihnachten erlebe ich zum ersten Mal Weihnachts-Cracker; bisher habe ich das nur in Harry Potter und amerikanischen Filmen gesehen! Das sind diese Bonbon-Päckchen, wo man an beiden Enden zieht, dann knallen sie und es fallen Geschenke, Witze, Hüte, Kronen, whatever raus. Es ist spaßig; leider sind alle Hüte und Kronen zu klein für meinen Kopf (ok, Haare offen, daran wird’s liegen). Das Essen für die Gäste ist toll, allerdings so afrikanisch, dass sich immer alles nur ums Fleisch dreht. Die Beilagen (die ich esse) sind eigentlich immer gleich. Egal welche Festivität…. An Silvester übrigens auch. Das Essen hier kann ich definitiv nicht als Highlight für mich verbuchen, aber es ist besser als letztes Jahr in der Buschschule. Die Südafrikaner sind einfach noch 100% im Zeitalter des Fleisches. Ehrlich gesagt ertappe ich mich auch dabei, wie ich Leute sofort abstemple, die (immer noch…) dumme Vegetarierwitze machen und denken, ich höre das zum ersten Mal (sind übrigens immer Männer). Genau wie Typen, die hören dass ich reite und dann Pferdesalamiwitze machen; mittlerweile kann ich nicht mal mehr ein künstliches „hehehe“ faken, ich sehe glaube ich nur noch gequält aus. Ich hab echt keine Zeit mehr für sowas. Auch die alte Diskussion über die „unrechtmäßige Existenz“ von Fleisch- und Käseersatzprodukten, und wie blöd man sein muss, kann ich nicht mehr hören. Ich kaufe solche Produkte nicht, aber ich verstehe, warum Leute es tun, die sich noch nicht vorstellen können wie man das System „Fleisch, Gemüse, Carbs“ ins Vegetarische übersetzt und aber trotzdem keine Tiere mehr essen wollen – ich finde das verständlich und akzeptabel, und es nervt mich, dass gefühlt jeder Zweite, der erfährt dass ich vegetarisch esse, das scharf kritisiert („Kann ich überhaupt nicht verstehen, wie man so dumm sein kann, dann sollen sie doch einfach weiterhin Fleisch essen, wenn es das ist was sie wollen“) – Mann Leute, lasst einander doch einfach in Frieden! Ich kritisiere euch doch auch nicht, weil ihr behauptet, Tiere zu lieben, und sie dann schlachten lasst und esst. (Das macht keinen Sinn. Also wenn mir das jemand erklären kann, sodass ich es verstehe, Hut ab.) Okay, es ist schwerer hier in Südafrika. War es schon immer. In Kenia wurde ich sogar als Veganer mit offenen Armen begrüßt; ich hatte fast vergessen, dass Südafrika in soooo vielem noch sehr, sehr, sehr (!) hinterherhinkt und sich fast stoisch weigert, sich weiterzuentwickeln. Und das bezieht sich nicht nur auf Vegetarismus.



An Silvester schaffe ich es, meinen großen Wunsch vom Feuerritual wahr zu machen – wir bauen ein Treibholzfeuer am Strand, zünden es an, und alle Gäste dürfen auf ihren Zettel schreiben, was sie aus 2018 loslassen und nicht mit nach 2019 nehmen wollen. Dann verbrennen wir all unsere „2018 regrets“ feierlich. Wer will, darf danach nach alter brasilianischer Tradition einen Wunsch an den Ozean machen und sieben Wellen überspringen. (Und der Göttin des Ozeans danken). Das Resultat sind nasse Hosen, aber hey. Wir werden mit einem atemberaubend schönen Sonnenuntergang belohnt, der viele auf die Dünen zieht, wo verträumte kleine Grüppchen sich zusammensetzen und Richtung Horizont starren. Es ist ultraschön. Was für ein verdammt atmosphärischer Abschluss für ein verdammt gigantisches Jahr! Ich könnte eine Lobeshymne singen für 2018, es war riesig, ich habe so viel erlebt, und ich lebe das absolute Privileg frei zu sein, unfassbar frei, ich habe mich glaube ich selten so frei gefühlt. Innerlich und äußerlich. Ich liebe die Morgenstunden, wenn noch keiner wach ist und ich unten am Strand meine Workouts mache. Manchmal tanze ich in den Wellen oder mache Yoga in der Brandung – und sehe aus wie ein glücklicher fünfjähriger Dreckspatz im Kindergarten, ehe ich alles in den Wellen wieder abwasche. (Na ja, nicht alles. Ich finde Sand an den unmöglichsten Stellen.) Manchmal singe ich richtig, richtig laut – und manchmal spacke ich einfach nur rum, und freue mich des Lebens, das ein so riesiges Geschenk ist, dass ich immer noch am Auspacken bin! Mit immer noch (oder wieder) leuchtenden Augen und kindlicher Vorfreude. Wie schön ist das bitte!?

In Berlin ist mir das so verloren gegangen. Erinnert euch an die Metapher, die ich benutzte, als ich letztes Jahr nach Kenia losgeflogen bin – ich wollte nur mal eben zwei Wochen Ruhe, damit der aufgewirbelte Sand sich legt und ich wieder klarer sehen (fühlen, leben) kann. Das hat auf jeden Fall geklappt, und ich fühle mich wie ein Fisch, der plötzlich statt in trübem in klarem Wasser schwimmt und erstaunt und übermütig herumflitzt, weil er auf einmal so weit sehen kann!



Anyway, in diesem Sinne wünsche ich euch ein herrliches neues Jahr; Gesundheit, Glück, Freude, Freiheit und Klarheit – nicht zu viel Sand aufwirbeln, meine Lieben ;)