Freitag, 27. Januar 2017

Namibia - New Adventures Calling


So, due to popular demand – schreibe ich ein paar Worte zu meiner Reise und reaktiviere diesen alten Blog, sofern es meine Zeit und Lust zulässt. Always happy to please you :)
Nach meinem letzten Botswana-Südafrika-Aufenthalt wurden einige Stimmen laut, dass ich kaum von mir hören habe lassen – und ich gebe ihnen Recht, es stimmt, ich war nicht besonders schreibtüchtig! Das lag an zwei wesentlichen Faktoren: Erstens dem miesen Internetempfang kombiniert mit meiner Ungeduld und Unfähigkeit, zehn Minuten auf den Bildschirm zu starren, nur um auf die Timeout-Message zu warten… Zweitens an der Tatsache, dass ich zu glücklich und zu beschäftigt damit war, jede einzelne Sekunde aufzusaugen und aufs Vollste zu erleben. Wenn ihr also Glück habt, bin ich diesmal unglücklich und finde viel Zeit zum Schreiben *g*

Das Problem dabei ist: Wenn ich schreibe, schreibe ich meistens viel. Also wappnet euch.
P.s.: Ich habe Fotos gemacht, kann sie aber nicht hochladen... lasst eurer Fantasie also freien Lauf.

Der Plan ist folgender: Auf Empfehlung einiger sehr lieber Menschen in Südafrika geriet ich an Pete  – oder er an mich – der in Namibia beim Orange River einen Haufen Pferde besitzt, die er gezähmt/eingeritten haben möchte. Solche Gelegenheiten gibt es wie Sand am Meer, aber nach erstem Kontakt mit Pete kam ich zu dem Schluss, dass eine Begegnung mir noch eine ganz andere Welt eröffnen würde, in die ich schon immer gerne hineinschauen wollte: Die Welt des Tierschutzes und Artenerhalts in Afrika (=Conservation. Ein Wort aus der „false friends“ Liste. Heißt nicht Konservierung). Pete ist Wildtierarzt und sein Name in der Rhino Conservation Szene bekannt; zudem hat er Familie und machte am Telefon und auf Fotos einen liebenswürdigen Eindruck. Kombiniert mit meinem (ich zitiere) sturen Willen, mich in eine erneute Liebesaffäre mit Afrika zu stürzen – fertig ist der „Reiseplan“!

Ja, vielleicht ist es mutig, das bekomme ich zumindest ständig zu hören – vielleicht auch ein wenig verrückt – aber ich habe keine Angst. Ich fühle mich mehr beschützt, gesegnet und sicher denn je. Ich bin vermutlich in einem „Stadium“ meines Lebens angekommen, wo einem klar wird, dass man keine Zeit mehr mit Sinnlosem verschwenden möchte. Wobei meine Definition von „Sinn“ recht weit von der allgemein gesellschaftlich anerkannten abweicht. (Geld, Sicherheit, palampalam) Jetzt renne ich mit Volldampf meinem Traum entgegen; und wenn es nicht klappt, dann muss ich zumindest mit 80 nicht sagen: „Ja, wer weiß, was passiert wäre, wenn ich es versucht hätte….“

Meine Reise zieht sich über fast zwei Tage hin, von Freitagmorgen bis Samstagabend. Ich scheine auf den letzten Reisen eine skurrile Psychose entwickelt zu haben, die macht, dass die Sicherheitsbriefings von British Airways auf mich wirken wie K.O.-Tropfen: Sobald die Maschine anfängt friedlich zu surren und die nette Frauenstimme sagt „Ladies and Gentlemen, we would like to ask for your attention“, falle ich wie angeschossen in den Schlaf. Das hat die letzten Male dafür gesorgt, dass ich trotz Fensterplatz nichts von der Abflugstadt gesehen habe, obwohl ich mir wirklich Mühe gegeben habe! Entsprechend stolz bin ich diesmal, als ich nach dem Sicherheitsbriefing durch die laut aufbrausenden Flugmotoren wieder aus dem Kurzschlaf schrecke und mir infolgedessen die Stuttgarter Gegend von oben anschauen kann: Die skurrile Halbwinterwelt ist von einem graublauen Baumpelz überzogen, der aussieht, als hätte man weiße Kahlstellen hineingeschoren und mit Häusern besprenkelt. Ziemlich ulkig.

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Mein Sitznachbar liest tatsächlich, wie im Video empfohlen, noch den Flyer mit Sicherheitsinstruktionen durch (in meinem Kopf hätte ich mich voll gefreut, wenn er dabei noch die bracing position geübt hätte, aber den Gefallen tat er mir dann doch nicht)… und ich falle wieder in den Schlaf. Den ich theoretisch nicht nötig habe, weil ich erst vor fünf Stunden aufgestanden bin. Das Schöne am Reisen ist, dass die Leute nie wissen, wo man herkommt und was mit einem los ist – ich könnte ja schon Tage unterwegs sein und den kompletten Jetlag haben :D Schlafen geht also immer.

Damit es auch später noch geht, vertrete ich mir in London schön die Beine. Nachdem ich alle Shops in Heathrow auswendig kenne, erkunde ich den geheimen Londoner (Flughafen-)Untergrund und gehe den Walkway von Terminal A zu C, was ganz offensichtlich nie jemand macht, da es einen bequemen Transit gibt. (Auch „bequem“ ist hier Definitionssache. Ich finde es bequemer, noch etwas spazieren zu gehen, ehe ich 12 Stunden sitzen muss, als im Transit zwischen tausend anderen Reisenden „fröhlich stinkende Ölsardinen“ zu spielen.) Um den Walkway zu benutzen, muss man per Lift noch zwei Stockwerke tiefer fahren als zum Transit und ab dort beginnt das Niemandsland – mir ist tatsächlich auf den ganzen langen, schummrig lila beleuchteten Fluren keine Menschenseele begegnet! Stellt euch vor, was für nen Spaß man auf den langen Transitbändern haben könnte (und es wird sogar alles auf Kamera festgehalten) :D Wer also ein bisschen Zeit in London hat und sich die Beine vertreten will – der Walkway ist durchaus ne Erfahrung wert. Geschätzte Laufzeit von A nach C laut Schildern: 20 Minuten; Ich glaube dafür muss man auf den Rollbändern in die andere Richtung rennen? Ich habe es in sehr gemütlicher Gehgeschwindigkeit in 7 Minuten geschafft…

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Nach elf Stunden Flug, zweieinhalb Filmen, bemerkenswert schlechtem Essen (extra vegan bestellt – Abendessen: Leere Nudeln mit einem Klecks Sahne-Knoblauch-Soße, ein Weißmehlbrötchen und Margarine. You must be joking?), nichts zu trinken für die Nacht (mit dem Resultat, dass ich völlig austrockne und dauernd husten muss) und einer tropfenden Decke (kein Witz), vor der ich mich mit meiner Fleecedecke schützen muss, komme ich endlich in Johannesburg an. Diesmal hat British Airways wirklich bemerkenswert viele Minuspunkte gesammelt. Außerdem sagten sie mir auf meine Nachfrage hin bei Abflug, dass mein Gepäck bis nach Upington transportiert werde, was, wie ich in Johannesburg herausfinde, nicht stimmt – ich bin froh, dass ich nochmal nachgefragt habe und meinen Koffer rechtzeitig vom internationalen Karussell sammeln und für den domestic transfer wieder einchecken kann. Die südafrikanische Einwanderungskontrolle ist diesmal eine echte Qual… ich bin müde, zu viele Leute (vor allem zu viele sich übergebende), zu wenig Sauerstoff und das Wetter ist dämpfig und feucht, sodass der Schweiß in Strömen an mir runterläuft und mein überraschter Kreislauf mit Schwindel reagiert. Dann schafft es auch noch einer der Portiere mich zu kidnappen – auf wirklich sehr dreiste Art und Weise: Ich finde es ja okay, wenn sie höflich fragen und man „nein, ich brauche keine (teure) Hilfe“ sagen darf, aber er schnappt einfach mein Ticket und fragt „where are you going?“ und rennt mit meinem Ticket in der Hand vor mir weg, um mir den Weg zu zeigen. Ich muss ihm mit meinem empört protestierenden Kreislauf, Rucksack und fettem Koffer hinterherrennen, wenn ich mein Ticket nicht verlieren will - er dreht sich nicht einmal um, bis er mich an den Checkin-Desk gebracht hat und fordernd die Hand ausstreckt. Ich fühle mich schuldig, gebe ihm aber trotzdem keinen Cent. Bäh.

Eine kleine Maschine, deren Flugstil im Vergleich zu der riesigen internationalen Maschine sehr gazellenartig anmutet, bringt mich und ein paar andere Auserwählte schließlich nach Upington. Ein kleiner, auffallend moderner und sauberer Flughafen, an dem ich Pete treffe, der mich gleich in eine Umarmung zieht. Zusammen mit seiner Frau Estelle soll ich mir das Nötigste an Essen kaufen, obwohl sie gerade schon eingekauft hat – „I’m easy, I’ll just eat some fruit and vegetables“, erkläre ich ihr, ohne zu diesem Zeitpunkt zu wissen, dass ich überhaupt nicht bei Pete und Estelle wohnen werde. Ja, sie haben mir erzählt, dass sie gerade ein zweites Haus auf ihrer Farm renovieren und ich dort womöglich wohnen könnte – sie haben mir aber nicht erzählt und ich hatte auch nicht damit gerechnet, dass die „Farm“ 46.000 Hektar groß ist und man von ihrem Haus zu „meinem“ 1,5 Stunden fährt! Doch dazu später mehr.

Die erste Nacht verbringe ich in Petes und Estelles Gasthaus und Estelles süßer Gastfreundschaft. Zu ihrer Farm bzw. ihrem Haus auf der Farm sind wir von Upington 3,5 Stunden gefahren und haben die namibische Grenze ohne Probleme passiert (Pete und Estelle schenken der gesamten Mitarbeiterbesatzung an der Grenze regelmäßig frische Trauben, die Richtung Upington in Massen angebaut werden. Es ist also nicht direkt Bestechung, sorgt aber definitiv dafür, dass das Verhältnis mit den Grenzmitarbeitern angenehm bleibt). Von Upington (Südafrika) nach Karasburg und hierher hat sich die Landschaft deutlich verändert – von Gras, grünen Bäumen, Palmen und Blumen hin zu… Steinen. Steine in allen Größen, vom Felsbrock bis zum Sandkorn, und einige dürre Büsche und sehr wenige Bäume. Das war’s. Davon gibt es aber endlos viel. Petes und Estelles Farm liegt im absoluten Niemandsland, nur umgeben von weiten Sandflächen und steinigen Hügeln und Bergen. Die nächste „Shoppingmöglichkeit“ (=Anzeichen davon, dass es noch andere Menschen auf der Welt gibt) ist über 90km weit weg… und es ist heiß, aber man sagt mir, das Wetter sei im Moment mild. Als ich abends um halb zehn ins Bett gehe (immer noch seeehr müde vom Reisen) und das Gefühl habe, zu frieren und eine Fleecejacke anziehen zu wollen, zeigt das Thermometer noch 29°C. Ich versuche kurz den Laptop anzuschmeißen und gebe sofort auf. Das vielstimmige Summen der Moskitos und die Tatsache, dass sie einem ständig in Nase und Ohren fliegen (ach ja, und Blut saugen), macht die Sache äußerst unattraktiv. Dazu kommt, dass sie sich alle auf dem Bildschirm versammeln und man sowieso kaum noch sieht, was man tut. Ich falle aber auch ohne Gutenacht-Onlineshopping schnell in einen erschöpften Schlaf… ;)

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