So, due to popular demand – schreibe ich ein paar Worte zu
meiner Reise und reaktiviere diesen alten Blog, sofern es meine Zeit und Lust
zulässt. Always happy to please you :)
Nach meinem letzten Botswana-Südafrika-Aufenthalt wurden
einige Stimmen laut, dass ich kaum von mir hören habe lassen – und ich gebe
ihnen Recht, es stimmt, ich war nicht besonders schreibtüchtig! Das lag an zwei
wesentlichen Faktoren: Erstens dem miesen Internetempfang kombiniert mit meiner
Ungeduld und Unfähigkeit, zehn Minuten auf den Bildschirm zu starren, nur um
auf die Timeout-Message zu warten… Zweitens an der Tatsache, dass ich zu
glücklich und zu beschäftigt damit war, jede einzelne Sekunde aufzusaugen und
aufs Vollste zu erleben. Wenn ihr also Glück habt, bin ich diesmal unglücklich
und finde viel Zeit zum Schreiben *g*
Das Problem dabei ist: Wenn ich schreibe, schreibe ich
meistens viel. Also wappnet euch.
P.s.: Ich habe Fotos gemacht, kann sie aber nicht hochladen... lasst eurer Fantasie also freien Lauf.
Der Plan ist folgender: Auf Empfehlung einiger sehr lieber
Menschen in Südafrika geriet ich an Pete – oder er an mich – der in Namibia beim Orange
River einen Haufen Pferde besitzt, die er gezähmt/eingeritten haben möchte.
Solche Gelegenheiten gibt es wie Sand am Meer, aber nach erstem Kontakt mit
Pete kam ich zu dem Schluss, dass eine Begegnung mir noch eine ganz andere Welt
eröffnen würde, in die ich schon immer gerne hineinschauen wollte: Die Welt des
Tierschutzes und Artenerhalts in Afrika (=Conservation. Ein Wort aus der „false
friends“ Liste. Heißt nicht Konservierung).
Pete ist Wildtierarzt und sein Name in der Rhino Conservation Szene bekannt;
zudem hat er Familie und machte am Telefon und auf Fotos einen liebenswürdigen
Eindruck. Kombiniert mit meinem (ich zitiere) sturen Willen, mich in eine
erneute Liebesaffäre mit Afrika zu stürzen – fertig ist der „Reiseplan“!
Ja, vielleicht ist es mutig, das bekomme ich zumindest
ständig zu hören – vielleicht auch ein wenig verrückt – aber ich habe keine
Angst. Ich fühle mich mehr beschützt, gesegnet und sicher denn je. Ich bin
vermutlich in einem „Stadium“ meines Lebens angekommen, wo einem klar wird,
dass man keine Zeit mehr mit Sinnlosem verschwenden möchte. Wobei meine Definition
von „Sinn“ recht weit von der allgemein gesellschaftlich anerkannten abweicht.
(Geld, Sicherheit, palampalam) Jetzt renne ich mit Volldampf meinem Traum
entgegen; und wenn es nicht klappt, dann muss ich zumindest mit 80 nicht sagen:
„Ja, wer weiß, was passiert wäre, wenn ich es versucht hätte….“
Meine Reise zieht sich über fast zwei Tage hin, von
Freitagmorgen bis Samstagabend. Ich scheine auf den letzten Reisen eine skurrile
Psychose entwickelt zu haben, die macht, dass die Sicherheitsbriefings von
British Airways auf mich wirken wie K.O.-Tropfen: Sobald die Maschine anfängt
friedlich zu surren und die nette Frauenstimme sagt „Ladies and Gentlemen, we
would like to ask for your attention“, falle ich wie angeschossen in den
Schlaf. Das hat die letzten Male dafür gesorgt, dass ich trotz Fensterplatz
nichts von der Abflugstadt gesehen habe, obwohl ich mir wirklich Mühe gegeben
habe! Entsprechend stolz bin ich diesmal, als ich nach dem Sicherheitsbriefing
durch die laut aufbrausenden Flugmotoren wieder aus dem Kurzschlaf schrecke und
mir infolgedessen die Stuttgarter Gegend von oben anschauen kann: Die skurrile Halbwinterwelt
ist von einem graublauen Baumpelz überzogen, der aussieht, als hätte man weiße
Kahlstellen hineingeschoren und mit Häusern besprenkelt. Ziemlich ulkig.
***
Mein Sitznachbar liest tatsächlich, wie im Video empfohlen,
noch den Flyer mit Sicherheitsinstruktionen durch (in meinem Kopf hätte ich
mich voll gefreut, wenn er dabei noch die bracing position geübt hätte, aber
den Gefallen tat er mir dann doch nicht)… und ich falle wieder in den Schlaf.
Den ich theoretisch nicht nötig habe, weil ich erst vor fünf Stunden
aufgestanden bin. Das Schöne am Reisen ist, dass die Leute nie wissen, wo man
herkommt und was mit einem los ist – ich könnte ja schon Tage unterwegs sein
und den kompletten Jetlag haben :D Schlafen geht also immer.
Damit es auch später noch geht, vertrete ich mir in London
schön die Beine. Nachdem ich alle Shops in Heathrow auswendig kenne, erkunde
ich den geheimen Londoner (Flughafen-)Untergrund und gehe den Walkway von
Terminal A zu C, was ganz offensichtlich nie jemand macht, da es einen bequemen
Transit gibt. (Auch „bequem“ ist hier Definitionssache. Ich finde es bequemer,
noch etwas spazieren zu gehen, ehe ich 12 Stunden sitzen muss, als im Transit
zwischen tausend anderen Reisenden „fröhlich stinkende Ölsardinen“ zu spielen.)
Um den Walkway zu benutzen, muss man per Lift noch zwei Stockwerke tiefer
fahren als zum Transit und ab dort beginnt das Niemandsland – mir ist
tatsächlich auf den ganzen langen, schummrig lila beleuchteten Fluren keine
Menschenseele begegnet! Stellt euch vor, was für nen Spaß man auf den langen
Transitbändern haben könnte (und es wird sogar alles auf Kamera festgehalten) :D
Wer also ein bisschen Zeit in London hat und sich die Beine vertreten will – der
Walkway ist durchaus ne Erfahrung wert. Geschätzte Laufzeit von A nach C laut
Schildern: 20 Minuten; Ich glaube dafür muss man auf den Rollbändern in die
andere Richtung rennen? Ich habe es in sehr gemütlicher Gehgeschwindigkeit in 7
Minuten geschafft…
***
Nach elf Stunden Flug, zweieinhalb Filmen, bemerkenswert
schlechtem Essen (extra vegan bestellt – Abendessen: Leere Nudeln mit einem
Klecks Sahne-Knoblauch-Soße, ein Weißmehlbrötchen und Margarine. You must be
joking?), nichts zu trinken für die Nacht (mit dem Resultat, dass ich völlig
austrockne und dauernd husten muss) und einer tropfenden Decke (kein Witz), vor
der ich mich mit meiner Fleecedecke schützen muss, komme ich endlich in
Johannesburg an. Diesmal hat British Airways wirklich bemerkenswert viele
Minuspunkte gesammelt. Außerdem sagten sie mir auf meine Nachfrage hin bei
Abflug, dass mein Gepäck bis nach Upington transportiert werde, was, wie ich in
Johannesburg herausfinde, nicht stimmt – ich bin froh, dass ich nochmal
nachgefragt habe und meinen Koffer rechtzeitig vom internationalen Karussell
sammeln und für den domestic transfer wieder einchecken kann. Die
südafrikanische Einwanderungskontrolle ist diesmal eine echte Qual… ich bin
müde, zu viele Leute (vor allem zu viele sich übergebende), zu wenig Sauerstoff
und das Wetter ist dämpfig und feucht, sodass der Schweiß in Strömen an mir
runterläuft und mein überraschter Kreislauf mit Schwindel reagiert. Dann
schafft es auch noch einer der Portiere mich zu kidnappen – auf wirklich sehr
dreiste Art und Weise: Ich finde es ja okay, wenn sie höflich fragen und man
„nein, ich brauche keine (teure) Hilfe“ sagen darf, aber er schnappt einfach
mein Ticket und fragt „where are you going?“ und rennt mit meinem Ticket in der
Hand vor mir weg, um mir den Weg zu zeigen. Ich muss ihm mit meinem empört
protestierenden Kreislauf, Rucksack und fettem Koffer hinterherrennen, wenn ich
mein Ticket nicht verlieren will - er dreht sich nicht einmal um, bis er mich
an den Checkin-Desk gebracht hat und fordernd die Hand ausstreckt. Ich fühle
mich schuldig, gebe ihm aber trotzdem keinen Cent. Bäh.
Eine kleine Maschine, deren Flugstil im Vergleich zu der
riesigen internationalen Maschine sehr gazellenartig anmutet, bringt mich und
ein paar andere Auserwählte schließlich nach Upington. Ein kleiner, auffallend
moderner und sauberer Flughafen, an dem ich Pete treffe, der mich gleich in
eine Umarmung zieht. Zusammen mit seiner Frau Estelle soll ich mir das Nötigste
an Essen kaufen, obwohl sie gerade schon eingekauft hat – „I’m easy, I’ll just
eat some fruit and vegetables“, erkläre ich ihr, ohne zu diesem Zeitpunkt zu
wissen, dass ich überhaupt nicht bei Pete und Estelle wohnen werde. Ja, sie
haben mir erzählt, dass sie gerade ein zweites Haus auf ihrer Farm renovieren
und ich dort womöglich wohnen könnte – sie haben mir aber nicht erzählt und ich
hatte auch nicht damit gerechnet, dass die „Farm“ 46.000 Hektar groß ist und
man von ihrem Haus zu „meinem“ 1,5 Stunden fährt! Doch dazu später mehr.
Die erste Nacht verbringe ich in Petes und Estelles Gasthaus
und Estelles süßer Gastfreundschaft. Zu ihrer Farm bzw. ihrem Haus auf der Farm
sind wir von Upington 3,5 Stunden gefahren und haben die namibische Grenze ohne
Probleme passiert (Pete und Estelle schenken der gesamten Mitarbeiterbesatzung
an der Grenze regelmäßig frische Trauben, die Richtung Upington in Massen
angebaut werden. Es ist also nicht direkt Bestechung, sorgt aber definitiv
dafür, dass das Verhältnis mit den Grenzmitarbeitern angenehm bleibt). Von
Upington (Südafrika) nach Karasburg und hierher hat sich die Landschaft
deutlich verändert – von Gras, grünen Bäumen, Palmen und Blumen hin zu… Steinen.
Steine in allen Größen, vom Felsbrock bis zum Sandkorn, und einige dürre Büsche
und sehr wenige Bäume. Das war’s. Davon gibt es aber endlos viel. Petes und
Estelles Farm liegt im absoluten Niemandsland, nur umgeben von weiten Sandflächen
und steinigen Hügeln und Bergen. Die nächste „Shoppingmöglichkeit“ (=Anzeichen
davon, dass es noch andere Menschen auf der Welt gibt) ist über 90km weit weg…
und es ist heiß, aber man sagt mir, das Wetter sei im Moment mild. Als ich
abends um halb zehn ins Bett gehe (immer noch seeehr müde vom Reisen) und das
Gefühl habe, zu frieren und eine Fleecejacke anziehen zu wollen, zeigt das
Thermometer noch 29°C. Ich versuche kurz den Laptop anzuschmeißen und gebe
sofort auf. Das vielstimmige Summen der Moskitos und die Tatsache, dass sie
einem ständig in Nase und Ohren fliegen (ach ja, und Blut saugen), macht die
Sache äußerst unattraktiv. Dazu kommt, dass sie sich alle auf dem Bildschirm
versammeln und man sowieso kaum noch sieht, was man tut. Ich falle aber auch
ohne Gutenacht-Onlineshopping schnell in einen erschöpften Schlaf… ;)