Valentinstag!
Ha! :)
Dieser Blog
läuft mir davon… beziehungsweise die Zeit läuft diesem Blog davon, und das ist
meistens ein Zeichen dafür, dass ich „busy“ bin und so etwas wie Alltag
einkehrt… ich fühle mich nicht mehr wie auf Reisen, sondern eher wie zu Hause,
Routine stellt sich ein etc.; und dann fällt es mir schwer zu bloggen, weil
alles so „normal“ wird.
Nach einer
fantastischen Zeit in Südafrika und tränenreichem Abschied – ich habe mir und
allen in Naivasha versprochen, nach Kenia zurückzukehren und zu versuchen, die
Füße auf den Boden zu bekommen. Wenn ich das nicht getan hätte, wäre ich an der
Wild Coast geblieben!
Aber so fliege ich – nach, wie bereits betont,
tränenreichem Abschied – zum Zeitpunkt meines gebuchten Tickets zurück nach
Nairobi, wo Ash mich am Flughafen empfängt und nach Naivasha fährt. Ash ist die
Managerin von Sanctuary Farm, die mich sozusagen unter ihre Fittiche genommen
hat, als ich im November letzten Jahres eine neue Bleibe gesucht habe. Sie
kommt eigentlich aus Australien, ist ein Jahr älter als ich und ein unfassbar
lieber Mensch mit einem riesigen Herzen. Nachdem vor zwei Jahren die Ehefrau
und Besitzerin von Sanctuary Farm überraschend verstorben ist und ihren Ehemann
sowie drei Kinder zurückließ, übernahm Ash spontan deren Rolle als Managerin
und ist seither die treibende Kraft hier. Sie hat eine Art Hütte/Häuschen in
ihrem Garten, in das ich einziehen darf – zwei kleine Räume, in die jeweils ein
Bett passt, und ein Minibad; für den Anfang vollkommen ausreichend für mich.
In
meiner ersten Nacht fühle ich mich vollkommen überwältigt; auch wenn ich mich
freue zurück zu sein, ist es seltsam, in ein leeres Haus einzuziehen, das ich
noch streichen muss und das außer einer Matratze auf dem Boden einfach mal nichts
beinhaltet. Statt dem Meeresrauschen, an das ich mich gewöhnt hatte, höre ich
jetzt wieder die schweren Schritte der Nilpferde vor meinem Haus und das
charismatische Ratsch-Ratsch, wenn sie das Gras vor dem offenen Fenster
ausreißen und zerkauen. Ich habe kein Auto, keine Ahnung wo ich Möbel
herbekommen soll, mein Suahili ist kack und ich bin ganz auf mich allein
gestellt *schluchz*. Die ersten beiden Tage komme ich nicht umher, mich zu
fragen: „Kat, was hast du dir dabei gedacht?“ Aus dem gemachten Bett in
Südafrika, wo alle mich liebten und am liebsten behalten hätten, wo ich in
einem hübschen „meer-charakterlichen“ Haus voller Muscheln und Sandfarben
wohnte, wo ich alle Freiheit der Welt hatte und genau wusste, was meine
Verantwortung ist, wo ich gefüttert und mein Haus geputzt sowie meine Wäsche
gewaschen wurde und ich mich jederzeit in die Wildnis zurückziehen konnte…. nach Naivasha, eine unglaublich idyllische Gegend am Lake Naivasha, dem
höchstgelegensten Süßwassersee im Rift Valley in Kenya, mit einer
eingeschweißten Community von Mzungus (Weißen), wo jeder jeden kennt und sich
alles wie ein Lauffeuer herumspricht. Von der absoluten Sicherheit und
Abgelegenheit der Transkei aufs Minenfeld der Kolonialcommunity. Denn kolonial
ist es hier noch ganz dolle – was ehrlich gesagt einer der Gründe war, warum
ich zurückkommen wollte. Ich mag die Atmosphäre und den Vibe, auch wenn es sich
seltsam anfühlt, statt leger in Marineboards und Loose Tank Top wieder in
Leinenbluse und feiner Jeans zum Mittagessen zu gehen. Statt Trailritten auf
easy Buschponys am Strand entlang und durch die grünen, subtropischen Wälder
trainiere ich jetzt wieder Turnierpferde, von denen einige (insbesondere
diejenigen, die von der Rennbahn ins Cross Country gekommen sind), den Schuss
nicht gehört haben und sich folglich meine Schulter-, Bauch- und
Rückenmuskulatur erst wieder erinnern muss, wie das mit dem „richtigen“ Reiten
nochmal ging. Kenia ist extrem trocken und staubig um diese Jahreszeit; alles,
was sich schneller bewegt als ein gehender Mensch, zieht eine lange Staubwolke
hinter sich her. Nach dem Longieren muss man sich den Staub von den Zähnen
putzen, und Galoppieren im Gelände macht nur an der Tete Spaß ;)
|
Die Giraffen auf der Farm sind extreeeeeem gechillt.... sie lassen einen so nahe herankommen, dass man schon in Kick-Reichweite ist. |
Wenn es ein
wenig windet (beinahe täglich), sieht es so aus als liegt ein dichter
Nebelschleier über dem graugelben Gras – nur dass es kein Nebel ist, sondern
Staub. Nachts bzw. frühmorgens und abends ist es relativ kühl, und die
Luftfeuchtigkeit steigt (zum Glück); spätestens ab zehn Uhr morgens wird es
dann wieder heiß, und zwischen zwölf und zwei Uhr mittags bewegt sich keiner
freiwillig und alle wilden und domestizierten Tiere auf der Farm liegen dösend
im Schatten der Akazien.
|
Ein durchschnittlicher Teller vom Mittags-Buffet :D |
Ich kümmere
mich hier also um „meine“ Ponys (die genau genommen keine Ponys sind), helfe
gelegentlich im Clubhouse (Ash’s gehobene Standards haben dafür gesorgt, dass
hier mit das beste Essen serviert wird, das ich kenne – Buffets voll kreativer,
gesunder, vollwertiger Salate mit Pseudogetreide, Gemüse, Quiches und
Frühlingsrollen, Suppen, frisch gebackenem Brot, Käse mit Crackern etc. – meine
langjährige Liebesbeziehung mit Blendern hat dafür gesorgt, dass insbesondere
das Smoothie- und gesunde Nachtischangebot erweitert wurde
(Avo-Schokoladenmousse, Mango-Bananen-Creme, random-fruit-pudding… demnächst
will ich es nochmal wagen, einen rohveganen zuckerfreien Käsekuchen zu
kreieren…), nebenbei versuche ich meine Hütte bewohnbar zu machen, was zur Zeit
dafür sorgt, dass ich immer irgendwo weiße Farbe auf der Haut habe, uuund
nebenbei versuche ich noch meine Skills zu etablieren, massiere, gebe Personal
Trainings, fange nächste Woche mit einem Spinningkurs an (wer hätte das
gedacht, Spinning in Naivasha!!!!! So happy!!!!), und werde hoffentlich noch
ein paar mehr Kurse anbieten können. Funktionelles Training mit Ausblick auf
den See, inmitten von grasenden Gnus, Zebras und Giraffen… stelle ich mir gut
vor. Mal sehen ;)
|
Eine meiner ersten Aktionen im Stall-Management: Sattelkammer-Ausmist-Vollputz-Sortier-Aktion!!! Meine deutschen Gene kommen mit dem afrikanischen (Un-)Verständnis von Ordnung absolut nicht klar :D |
Meine lieben Leser sind vielleicht ein wenig geschockt, vom Esoterik-Flair des letzten Eintrags face first auf den harten Boden des Pionier-Alltags zu klatschen - aber so ist das Leben manchmal, man muss auch mal die Ärmel hochkrempeln und die Nägel in die Wand hauen... oder die Farbe aufs Holz streichen... oder so. Und dass es einfach wird, hat keiner gesagt. Ich weiß, dass ich überwältigt bin und emotional herausgefordert und dass das, was ich hier gerade versuche, extrem viel Mut und Kraft kostet. Um einen meiner liebsten Menschen zu zitieren: "You didn't just get out of your comfort zone, you can't even see it in the rear view mirror anymore." Das beschreibt es ganz gut. Ich weiß, dass ich eines Tages auf diese Zeit zurückschauen werde und meinem jetzigen Ich so dankbar sein werde, dass sie so mutig und stark war und die Tore für so viel persönliches Wachstum weit geöffnet hat. "Practise what you fear to do" - um einen weiteren unfassbar wichtigen Menschen in meinem Leben zu zitieren, der weiß, dass ich diesen seinen Lieblingsspruch von ganzem Herzen hasse (aber ihn trotzdem befolge, weil er natürlich Recht hat). Smiling. Es hilft, das größere Bild nicht aus den Augen zu verlieren; und den Frieden zu finden, den eine Qualle auf sturmgepeitschter See empfindet, die keine Ahnung hat, ob die Strömung sie dorthin trägt, wo sie hin wollte. Surrender, smile, float. :)