Eigentlich war der Plan ja - zur Enttäuschung vieler Blogleser - diese
Seite einzumotten. Zur Zeit stelle ich jedoch fest, dass dies nicht nur zur
Enttäuschung der Blog-Leser, sondern auch zu meiner eigenen beiträgt, und das
halte ich für einen guten Anlass, meinen Plan zu ändern ;)
In der Zwischenzeit ist endlos viel passiert, und wenn ich meinen
letzten Eintrag lese, kommt es mir wie Lichtjahre entfernt vor. Der Tag, als
ich zu meiner sehr liebgewonnenen letzten Gastfamilie Goodbye sage, mich
bedanke, sie sich bedanken, alle sich umarmen, Barry mich zum Flughafen in
Brisbane chauffiert und ich anschließend knappe 2 Tage in Economy Classes und
Flughäfen vor mich hinvegetiere... all das scheint so endlos entfernt. Noch auf
dem Rückflug bin ich von Abenteuerlust gepackt - Singapur, Abu Dhabi - beides
müssen tolle Städte sein, wobei mich Singapur wieder ganz und gar fasziniert
beim Nacht-Abflug: Mit seinen vielen glitzernden Lichtern, die auf dem
reichlich vorhandenen Wasser reflektieren, das das Land in unheimlich schönen,
naturkreierten Mustern durchzieht. Aber auch Abu Dhabi stelle ich mir spannend
vor: Am Flughafen wühle ich mich während meiner drei Stunden Aufenthalt durch
Kamel-Souvenirs und werde von intensiven, schwarzbraunen Scheich-Augen
durchbohrt, die zwischen weißen Tüchern hervorschimmern, zusammen mit ein paar
Zentimetern schokoladenfarbener Haut (Vollmilchschokolade, mit viel
Milchanteil).
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International Airport Abu Dhabi |
Die Landung in Deutschland verläuft eher unspektakulär: Grauer Himmel
mit Nieselregen - ich weiß gar nicht, wann ich zum letzten Mal einen grauen
Himmel gesehen habe - und meine geschlossenen Schuhe fühlen sich an meinen
flipflopverwöhnten Füßen seltsam an. Meine Schwester holt mich vom Flughafen
ab, und während sie auf der Autobahn Richtung Heimat bratzt, stehe ich fast
Todesängste aus - sind 140km/h echt so schnell? Ich bin jetzt - wenn es gut
lief - 7 Monate lang maximal 100km/h auf den Motorways gefahren, umringt von
tendenziell friedlichen, manchmal sogar überraschend zuvorkommenden Fahrern -
das Drängeln, Schieben, Hetzen auf Hochgeschwindigkeit ist meinem System völlig
abhanden gekommen. Innerhalb weniger Tage habe ich mich aber wieder daran
gewöhnt, spätestens zu dem Zeitpunkt, da ich mein frisch wiederangemeldetes
Auto zum ersten Mal auf der Autobahn ausführe. Interessanter Weise ist es auch
gar kein Problem für mich, wieder rechts zu fahren, nur manchmal beim Abbiegen
erwische ich mich, wie ich kurz die falsche Spur (ähm, Gegenfahrbahn) anpeile.
Grundsätzlich ergibt sich die Fahrseite aber durch die Seite des Fahrersitzes
ganz automatisch, es würde sich einfach total strange anfühlen, als Fahrer am
Bordstein entlangzuschrabben, ohne den Überblick der Straßenmitte.
Weitere Beobachtungen back to Germany: Deutscher Frühling ist so schön!
Ich weiß, ich wurde vor meiner Rückkehr ausführlich davor gewarnt, dass dieses
Jahr der Frühling kaum erkennbar ist, so verhüllt in Winter-Verkleidung.
Trotzdem, so frisch aus Australien importiert fallen mir einige
Frühlings-Merkmale trotz Nieselregen und grauem Himmel sofort auf: Die Luft
duftet nach Blumen, oder Baumblüten, und sie ist frisch und süß und wie geladen
von der Energie des sich-durchkämpfenden Sommers. Und die Vögel! Oh, wie schön
deutsche Frühlingsvögel klingen - total anders als alles, was ich die letzten
sechs Monate gehört habe! Verglichen mit dem aufdringlichen,
trommelfellzerschneidenden, "tropischen", aber manchmal fast lästigen
Guten-Morgen-es-ist-sechs-Uhr-Schrei von einer vielköpfigen Horde Kookaburras
wirkt das feine Gezwitscher der deutschen Vögelchen total lieblich, süß,
leicht, fröhlich. Als zum ersten Mal ein Spatz auf meinem Balkon landet, bin
ich ganz hin und weg - nicht dass es in Australien keine Spatzen gibt, aber
primär sieht man doch nur die größeren, farbenfrohen, lauten Vögel. Wie
leicht-flummiartig das kleine Ding dagegen über den Boden floppt :)
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Southern German Sperling |
Was fällt noch auf in Deutschland: Krass, wie viele Leute rauchen! In
Australien und Neuseeland sind Zigaretten schon fast ausgerottet, und Rauchen
in der Öffentlichkeit wird nicht gern gesehen - nicht gern gesehen von
"den Leuten", nicht von den Ordnungshütern, und da besteht vermutlich
der große Unterschied. Wenn die Polizei das dumm findet, stört das erstaunlich
wenige Leute - aber wenn dich deine eigenen Freunde schief angucken, weil das
Anzünden einer Zigarette denselben Effekt hat wie einem kleinen süßen Mädchen
sein Eis wegzunehmen, dann steht ein ganz anderer Erwartungsdruck hinter der
Sache... jedenfalls muss ich mich erst wieder daran gewöhnen, in einem Café
draußenzusitzen oder auf ein Straßenfest zu gehen und von den giftigen
Rauchwolken eingenebelt zu werden...
Und - ja, klar - die Mentalität der Leute ist schon anders. Vielleicht
insbesondere im schrulligen schwäbischen Stuttgart, und noch mehr insbesondere
in allen umliegenden Dörfern. Ich bin überrascht, wie bitter und auch wie alt
viele Menschen aussehen, denen man so auf der Straße begegnet. Das ist mir
vorher nie so aufgefallen, ich dachte immer, meine Nachbarin ist die Einzige,
die permanent so aussieht, als würde sie eine Zitrone zerkauen. Ist sie aber
ganz und gar nicht. Ebenfalls hochamüsant finde ich, welche Anstrengungen viele
Menschen unternehmen, nur damit sie einem nicht in die Augen sehen müssen. Ganz
ungewöhnlich, if you're only just coming from overseas, aber es ist lächerlich
(lächerlich im eher freundlichen Sinne des einen-zum-Lachen-Bringens) - wer
gerade seine Rosen schneidet, findet gerade dann eine sehr hartnäckige Rose
direkt vor deiner Nase, wenn du am Gartenzaun vorbeischlenderst und fröhlich
"Grüß Gott" trompetest, und die Anstrengung mit dieser Rose ist
natürlich ein triftiger Grund, nicht zurückzugrüßen, ja nicht einmal
aufzusehen... wer gerade mit Kind und Kegel spazieren geht, findet gerade dann
einen sehr spannenden Stein am Wegrand, wenn die Wege sich kreuzen und der
Moment gekommen wäre, wo man überall auf der Welt die Anwesenheit des anderen
mit einem kurzen Lächeln wertschätzt... ja, eins fühlt man aus dem
Grundverhalten der Deutschen schnell heraus: andere Menschen sind Feinde (außer
natürlich die, die man Freunde nennt), auch bzw. vor allem fremde Menschen!
Gleichzeitig sind wir aber so neugierig, was andere Menschen tun, dass wir
hinter dem Vorhang hervorluken, wenn es einer wagt, an der Haustür zu klingeln
(um ein Paket vorbeizubringen, dass er für uns angenommen hat) - natürlich
öffnen wir die Tür nicht, weiterhin vortäuschend, wir wären nicht zu Hause...
ich glaube, wenn Menschen mit ihrem eigenen Leben zufrieden sind (die Worte
"glücklich" brauche ich in diesem Zusammenhang nicht einmal in den
Mund zu nehmen), interessiert es sie überhaupt nicht, was andere Leute tun. Im
Umkehrschluss ist das schwäbische "Lästervolk" ein von Grund auf
tendenziell unzufriedenes, und ich brauche nicht zu verheimlichen, dass ich mich
vor meiner Reise in vielen Punkten wunderbar eingefügt habe. Umso schöner ist
es, die vielen Ausnahmen wertzuschätzen, denn Ausnahmen gibt es genug
(selbstverständlich soll hier nichts verallgemeinert werden)... und umso
glücklicher schwebe ich nun durch die Welt, seeing, feeling, experiencing with
a big inner smile what a world I lived in, and I took it for granted, didn't
even think about all this because it was so completely natural. Yes, I have
changed, I have changed for the better, and I can't help but being so happy
about this!
Weitere Punkte im Deutschland-Vergleich: Alles ist viiiiiel billiger,
und die Auswahl erstaunlich gut! Es ist echt leicht, gut und günstig
einzukaufen. In Australien war Aldi ein echtes Phänomen, nirgendwo konnte man
so günstig einkaufen wie dort (und bei Aldi kostet der günstigste
500ml-Naturjoghurt immer noch 7 Dollar) - hier in Deutschland ist Aldi nur
einer von vielen "Discountern"; Lidl, Netto, Penny, Norma, ja zu
großen Teilen sogar Kaufland können mit den Preisen super mithalten.
Ja, es war eine gute Entscheidung, zurückzukehren... Sonst hätte ich sie
nicht getroffen. Für viele Leser mag sie
relativ spontan erscheinen - das war sie auch - aber für mich bedeutet
"zurück nach Deutschland" nicht "zurück zum Job", zurück in
den Alltagstrott, zurück in den Stress, zurück in mein altes Leben. Zurück zu
meinen Freunden, ja - darüber freue ich mich sehr, auch wenn ich viel Zeit
damit verbringe, zunächst all meine Besitztümer zurück in mein WG-Zimmer zu
transportieren und dann eine neue Wohnung zu organisieren, denn WG passt nicht
mehr. Ich fühle mich komplett anders hier in Deutschland, vielleicht auch, weil
Laszlo nach kurzer Zeit nachkommt und ich meine "Heimat" nun mit
außenstehenden Augen sehe. Wir besuchen viele Städte ringsum und ich habe das
Gefühl, dass ich zum ersten Mal wirklich erlebe, wo ich bislang gewohnt habe.
Ohne Stress, ohne irgendein bestimmtes Ziel einfach nur Städte besuchen, um der
Städte willen. Gut, manchmal auch, weil ich da alte Bekannte treffe ;) So
touren wir innerhalb kürzester Zeit durch Stuttgart, Sindelfingen, Böblingen,
Metzingen, Herrenberg, Esslingen, Tübingen und Reutlingen... und ich fühle mich
wie ein Tourist in Deutschland... zum ersten Mal laufe ich in all die Kirchen,
an denen ich sonst nur vorbeigerannt bin, entdecke neue Geschäfte, in denen ich
noch nie war, und fühle die ganz unterschiedlichen Städte-Charaktere und
-Athmosphären. Gut, Brisbane ist schwer zu schlagen... *g*
Ich lerne eher "unscheinbare" Städte zu schätzen... Städte, von
denen ich bisher dachte: "Ach ja, Sindelfingen..."
Ja, Sindelfingen mit seinen wunderschönen Fachwerkgässchen, Mauerresten
und Zebrastreifen aus Marmor... es ist faszinierend und erschreckend zugleich,
vor einer Wiese voll sommerbunter Tulpen zu stehen und zu wissen, dass die
Blumen auf Nährboden wachsen, der gespickt ist mit molekularen Überresten von
verbrannten Vorfahren... was für eine obszöne, widernatürliche Vorstellung,
dieses ganze Inquisitions-Prozedere, und wie deutlich es mir vor Augen führt,
wozu Menschen fähig sind; Dinge, die ich mir in meinen Alpträumen nicht
ausmale; wie sehr es einem klar macht, dass man niemals davon ausgehen sollte,
dass andere Menschen auch nur ansatzweise ähnlich denken wie man selbst....
Sindelfingen hat übrigens auch ein tolles Internationales Straßenfest zu
bieten, mit viel Musik, mehr oder weniger beeindruckenden Tanzshows (einige
männliche Zuschauer fanden die brasilianischen Tänzerinnen mit nix an außer
glitzerndem BH und String und einem riesigen Ananaskorb auf dem Kopf schon
seeehr beeindruckend) und natürlich jeder Menge Essen aus aller Herren Länder.
Nein, das stimmt nicht, nicht alle - der gefühlte Schwerpunkt liegt auf
(süd)europäischen Ländern, dazu gibt's ein bisschen Asien/Indien, Brasilien und
eine kleine Prise von weit weg.
Herrenberg überrascht aufgrund seiner "Winzgröße" und seinem
nicht besonders farbenschillernden Ruf mit seinem winzigen, aber unheimlich
idyllischen Marktplatz, der Stiftskirche, die anscheinend langsam, aber sicher
den Hügel hinabgleitet und der "aus Sicherheitsgründen" schon ein
Turm amputiert wurde, und on top of it halbzerfallene Mauerreste mit alten,
knorrigen Bäumen überall, ein verwunschener, uriger "Geheimplatz" mit
toller Aussicht..... eigentlich eine der schönsten kleinen Städte auf unserer
Süddeutschland-Touristentour ;)
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Herrenberger Marktplatz, mit Eiscafe und "beschnittener" Stiftskirche |
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Aussicht vom Herrenberger Schlossberg |
Metzingen mit der zu meiner Überraschung inzwischen wahnsinnig boomenden
Touristenattraktion, der "Outlet-City", der das ehemals unscheinbare
Dörfchen den drittgrößten Umsatz aller Städte Baden-Württembergs verdankt, das
ihm aber auch einen stählernen, kühlen Charakter verleiht. Riesige, graue Würfelbauten
mit Designermarkenangebot, schnieke Damen und Herren im Golfer-Stil gehen ein
und aus, deren Kleidung trotz der Fantasiepreise eher fantasielos erscheint.
Ich glaube, als Kind war ich mal auf einem Weihnachtsmarkt in Metzingen und
erinnere mich an eine winzige, eingeschneite und kuschelige Altstadt... die
findet man heute wahrscheinlich nur noch mit Insider-Wissen (und den Schnee
nur, wenn wir das Klima nochmal irgendwie in den Griff kriegen). Anyway, in der
Outlet-City findet sich auch ein Lindt-Outlet-Shop, und von der Ausbeute, die
wir da gemacht haben, profitiere ich heute noch ;)
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Metzingen Outlet-City - THE In-Place! |
Esslingen - was für eine friedliche, entspannte Familienstadt. Sie kommt
mir vor wie das deutsche Noosa, hier machen alle nur Ferien, keiner hat es
eilig, man sieht keinen einzigen Geschäftsmann, der in Business-Aufzug zum
Mittagessen auf die Straße tritt; Leute shoppen um elf Uhr unter der Woche, und
für kurze Zeit frage ich mich tatsächlich, ob wir heute einen Feiertag haben,
von dem ich nichts weiß... irgendwas hat diese Stadt, und vielleicht hat das
auch dazu beigetragen, dass sie als eine von erschreckend wenigen deutschen
Städten im 2. Weltkrieg nicht attackiert wurde. Ebenfalls auffällig in
Esslingen: Kaum einer raucht, dafür schiebt jede(r) Zweite einen Kinderwagen
oder trägt das, was da mal rein soll, noch im Bauch (das gilt offensichtlich
nur für jede Zweite, ohne (r)!). Unglaublich viele Mütter mit Kindern sind
unterwegs und treffen sich im Park zu einem Picknick, während die Kleinen auf
dem Spielplatz für die klassische Freibad-Soundatmosphäre sorgen. Überall wird
Eis ver- und gekauft und in den vielen kleinen Gassen gibt es zahlreiche
Möglichkeiten, draußen zu sitzen und was Leckeres zu genießen... das tun wir
übrigens auch, wir finden einen feinen Asiaten und ich schlemme in schönstem
Sonnenschein ein Kokosnuss-Tofu-Gemüse-Something, während ich dem jungen
(einsamen) Mann am Nachbartisch zusehe, der seine kleine Tochter mit
Hipp-Babybrei füttert ;).
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prettyyyy! |
Ebenfalls empfehlen kann ich für Esslingen-Besucher,
eine Kugel Eis zu kaufen und sie hinauf auf die Stadtmauer zu tragen, um dann
dort bei fabelhafter Aussicht über die Weinberge oder im Inneren der Burgruine
die flüssigen Eis-Überreste zu konsumieren. Generell ist Esslingen glaube ich
auch wassertechnisch sehr hübsch, aber im Moment ist alles trockengelegt -
möglicherweise aus Hochwasserschutzgründen, vielleicht aber auch aus
Reinigungsgründen, denn die schlammigen Böden der leeren Kanäle sind mit
vergammelten Flaschen, Schnullern, Fahrrad- und Entenskeletten und bis zur Unkenntlichkeit
vermoderten Müllgegenständen gepflastert. Die Abwesenheit des Wassers hält die
Menschen übrigens nicht davon ab, auf den Brücken stehen zu bleiben und hinab
ins Flussbett zu schauen, im Gegenteil - öffentliche Müllkunstausstellung, I'd
say ;)
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Tübingen |
Tübingen habe ich schon immer gemocht, und dieser Eindruck hat sich nun
bestätigt. Obwohl der Stadtcharakter mit Fachwerk, Burg und engen Gässchen
ähnlich dem von Esslingen ist, ist die Atmosphäre nicht so friedlich und
ferienhaft, eher studentisch-modern, im Aufbruch, jung, vibrierend, alternativ.
Ja, alternativ trifft Tübingen ganz gut. Ich mag's. Müsliriegel-Mentalität. Wir
finden zwei Buddha-Indien-Kram-Läden und an jeder Ecke kann man Falafel kaufen
- als "Tübingen-Touristen" nehmen wir beides mit ;) Besonders die
Indien-Läden haben es mir angetan... wie schon in Brisbane in der nepalesischen
Friedenspagoda habe ich auch inmitten von Räucherstäbchen, glitzerbunten
Stoffen und original importierten Holzskulpturen das tiefgehende Gefühl, dass
da so viel Energie drinsteckt, und es ist mehr als nur der aufregende Geruch
von fremden Kulturen... Natürlich laufen wir auch hinauf aufs Schloss, hinein
in Kirchen und vor allem durch die süßen, urig-gemütlichen Fachwerkgassen. Für
mich sind sie das Schönste an Tübingen, rauf und runter, schmal, gurkig,
gesäumt von interessanten Läden mit viel Charakter, pflastersteinig und öfter
mal akustisch gefärbt von (meist alternativen) Straßenmusikern. Und mit den
Stocherkahnfahrten entlang der bildhübschen Häuserfassade inklusive
Hölderlin-Turm hat sich die Stadt schon ein eindrucksvolles Merkmal geschaffen.
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Zwar kein Stocherkahn, aber Tübingens Schokoladenseite ist im Bild... |
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...mit Tübingens (weißen) Schokoladenvögeln! |
Nebst der Tatsache, dass die süddeutschen Städte hübsch sind, habe ich
festgestellt, dass die französische Grenze unglaublich nah ist (naja, wenn man
aus den Dimensionen Australiens ins schnuckelige Deutschland zurückkehrt, kommt
einem alles unglaublich nah vor). Also beschließen wir, am 21.Juni nach
Strasbourg zu fahren, for the big Music Festival (and don't ask me the French
name, I don't have a clue about French). Laut meiner französischen
WG-Mitbewohnerin ist das ein nationaler Feiertag, d.h. überall in Frankreich
finden sich an diesem Tag Musiker auf den Straßen zusammen und spielen fröhlich
vor sich hin. Es ist mein erstes Mal in Strasbourg, und ich liiiiebe es!
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Bildhübsch und mit blauem Himmel! |
Tolle
Architektur, natürlich insbesondere der äußerst beeindruckende Dom (irgendwas
mit Notre Dame, dem buckligen Glöckner und Paris habe ich vielleicht
missverstanden). Die Sonne pratzt, und wir haben einen ganzen Tag, um uns die
Stadt an der Ill anzusehen.
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Die beeindruckende Notre-Dame-Kathedrale,
von der ich immer dachte, dass sie in Paris steht... *g* |
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"Annie aime les sucettes..." |
Wir essen Flammkuchen, Laszlo zumindest einen
original elsässischen, ich einen vegetarischen - yumm yumm... und zum Nachtisch
kaufe ich einen Kokosnusslolli in einem urigen französischen Süßigkeitenladen,
den wir dreimal besuchen, weil jedes Mal, wenn wir ihn betreten, eine hübsche
Französin mit einer Keksdose auf uns zuschwebt und uns einen Bisquit anbietet,
hahaha... grinsend muss ich zugeben, dass ich sogar dreimal meine Frisur
ändere, in der Hoffnung, dass sie uns nicht wiedererkennt und uns nochmal einen
Keks schenkt (ich weiß nicht, ob das mit dem Wiedererkennen überhaupt
funktioniert hat, aber den Keks habe ich bekommen *g*). Beim letzten Besuch
kaufe ich dann den Lolli, weil Französisch und Lollipop so gut zusammen passt
(während ich mit süßem Kokos auf der Zunge durch die hübschen Straßen
schlendere, läuft in meinem Kopf France Galls "Les Sucettes" in Schleife).
Gegen Abend
wird es dann richtig voll, immer mehr Franzosen strömen in die Stadt, vor allem
auch junge. Im Vergleich zum Sindelfinger Straßenfest ist der
Altersdurchschnitt gut 20 Jahre niedriger, und die Bereitschaft der Besucher zu
Tanz und Ausgelassenheit um zirka 70% höher. Ob das auf die Unterschiede
zwischen Französisch und Deutsch zurückzuführen ist, lässt sich schwer sagen.
Jedenfalls bekommt man jetzt, wenn man sich von den Massen durch die Gassen
schieben lässt, einen originellen Mix aus allen nur erdenklichen
Musikrichtungen serviert. Jeder, der ein Instrument spielen kann, stellt sich
an irgendeine Straßenecke und fängt an, seine persönliche Interpretation von
"Musik" der Welt zu präsentieren. Ein junges Musikhochschulorchester
schrabbt durch die Klassikepochen und spielt dann eine König-der-Löwen-Medley,
die mir trotz meiner großen Liebe zu dieser Musik keine Gänsehaut bereitet. Wie
immer bei solchen Anlässen spielen durchschnittliche "Rockbands" auf
den großen Bühnen, klassisch besetzt durch Schlagzeug, Keyboard, Bass, ein oder
zwei Gitarren und einem Sänger, und ich gebe zu, dass ich keine einzige gehört
habe, die mich vom Hocker riss. Außerdem finden wir natürlich die altbekannten
Indianer mit CD-Verkauf, die vor Hintergrundmusik pan-flöten und dabei mit
einem Ventilator ihre langen schwarzen Haare zum Wehen bringen. Ein bisschen
schottische Tanzmusik ist am Start, und einige Franzosen tanzen in
volkstümlichen Reigen wie Hobbits vor der Bühne. Vor der Stiftskirche macht
eine "Guggenmusik"-Gruppe eine Menge Lärm und die Leute hüpfen im
Takt, ohne Angst haben zu müssen, sich gegenseitig umzuwerfen (Umfallen
unmöglich).
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Strasbourg inner city full with people (and music) |
In einer Seitengasse liefert ein verhinderter Schauspieler eine
große Show ab und interpretiert unter großartig übertriebener Gestikulation mit
seiner "Band" mit Mandoline und Zieharmonika klassisch-französische
Hits. Gegen kurz vor Mitternacht werden wir in eine weitere Seitengasse
geschoben, wo zwei völlig besoffene Studenten ihre E-Gitarren an Boxen
angeschlossen haben und ein sehr bekanntes Rocklied spielen, das ich aufgrund
des ohrenbetäubenden Geschrabbels kaum erkenne. Ihr Maskottchen, ein besoffenes
Eichhörnchen, führt im Vordergrund einen Indianertanz auf - das ist der Moment,
in dem wir grinsend beschließen, nach Hause zu fahren ;)
Jap. Conclusion: Der Süden ist schön, viel schöner als ich ihn je
empfunden habe, während ich in meinem doch sehr beschränkten Alltag umhergeblubbert
bin. Sowas wie Alltag gibt es jetzt gerade nicht mehr, und das genieße ich
sehr... "frei sein" und "in Deutschland sein" hat in meinem
Kopf irgendwie nie ganz zusammengepasst, doch real passt das erstaunlich gut...
ich bin gerne noch eine Weile Tourist "im Ländle" :)